Richter mahnt Einigung bei „Tagesschau“-App an

Köln (dpa) - Im Rechtsstreit um die „Tagesschau“-App hat das Landgericht Köln erneut eine gütliche Einigung angemahnt.

Die ARD und die Zeitungsverleger bekamen dafür am Donnerstag Zeit bis zum 30. August. Sollten ihre Gespräche dann immer noch nichts gebracht haben, will die Wettbewerbskammer am 27. September ein Urteil fällen. Das werde allerdings nicht viel bringen, warnte der Vorsitzende Richter Dieter Kehl. Die Sache eigne sich nicht dafür, von einem Gericht entschieden zu werden.

In dem Rechtsstreit haben acht große Zeitungsverlage die ARD wegen der App verklagt. Sie betrachten die Anwendung als unfaire Konkurrenz zu ihrem Online-Angebot. Das Gericht hatte beide Seiten schon vergangenes Jahr aufgefordert, sich außergerichtlich zu einigen. Das haben sie aber nicht geschafft.

„Ich finde das ausgesprochen schade“, sagte Kehl. Er bemängelte, dass die Verhandlungen von den Verlegern und ARD-Intendanten geführt worden seien anstatt von Fachjuristen, die auch wirklich etwas davon verstünden. Ein Gericht könne nämlich nicht einfach hingehen und zum Beispiel festlegen, dass die Texte der „Tagesschau“-App künftig nur noch soundso lang sein dürften. „Ein Gericht kann keine generellen Aussagen zur Medienpolitik machen. Das geht uns nichts an“, stellte Kehl klar. „Wir werden die "Tagesschau"-App nicht verbieten oder nicht nicht verbieten. (...) Die Journalisten wissen das nicht, und das ist auch ganz schwierig zu vermitteln.“

Wenn sich beide Seiten weiterhin nicht einigen können, wird das Gericht in seinem Urteil Ende September seinen Gesamteindruck zur „Tagesschau“-App vom 15. Juni 2011 darlegen. Das werde aber nicht viel bringen, betonte Kehl mehrfach: „Wen interessiert schon, was das Landgericht Köln zur "Tagesschau"-App vom 15.6.2011 meint?“

Der Anwalt der Verleger, Michael Rath-Glawatz, sagte dazu, ein Urteil könne durchaus hilfreich sein. Die Gespräche mit der ARD hätten Monate gedauert und doch zu keinem Ergebnis geführt. Man drehe sich im Kreis.

Kehl vertrat in seinen Hinweisen an beide Seiten die Auffassung, dass die Beiträge der „Tagesschau“-App möglichst einen Bezug zu Sendebeiträgen haben sollten. „Die Kammer würde es sehr begrüßen, wenn der Sendungsbezug noch stärker herausgestellt wird“, sagte er. Zulässig und gut sei es zum Beispiel, wenn der „Tagesschau“-Sprecher noch auf vertiefende Beiträge zu einem Thema im Internet verweise. Ganz bestimmt könne man nicht verlangen, dass sich die Texte der „Tagesschau“-App auf kurze Sendehinweise beschränken sollten.

Die ARD-Vorsitzende Monika Piel betonte im Anschluss an die Verhandlung ihre Gesprächsbereitschaft: „Wir sind weiterhin stark an einer Vereinbarung interessiert“, teilte sie mit. Die Äußerungen des Richters zeigten, dass sich die Diskussion juristisch nur schwer klären lasse. „Es geht vor allem um eine medienpolitische Lösung.“ Auch die Gewerkschaft ver.di forderte die Verleger auf, „das Kriegsbeil zu begraben“.

Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) hob hervor, dass presseähnliche Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, wenn sie nicht ausdrücklich sendungsbezogen seien, nach Meinung des Gerichts klar untersagt seien. Eine Verständigung beider Seiten bis Ende August schließe man nicht aus. BDZV-Präsident Helmut Heinen stellte jedoch auch klar: „Wir werden nicht hinter die im Februar gemeinsam mit den Intendanten von ARD und ZDF ausgehandelte Vereinbarung zurückgehen.“ Nach BDZV-Angaben war die ARD nach mehreren Gesprächsrunden von einem unterschriftsreifen Kompromiss abgerückt.

Die kostenlose „Tagesschau“-App mit derzeit 4,2 Millionen Nutzern bringt Inhalte des Internet-Angebots „tagesschau.de“ auf Smartphones und Tablet-Computer. Die Verleger werfen der ARD vor, ihnen mit der App den Markt zu verderben. Die App enthalte schließlich nicht nur die Filme aus der „Tagesschau“, sondern auch lange Texte und sei darum „presseähnlich“.

Während die ARD gebührenfinanziert sei, müssten sich die Verleger am Markt durchkämpfen. Aus diesem Grund fordern die Verleger, dass die ARD die Textbeiträge der App möglichst weit eindampfen soll. Die ARD bestreitet, dass die App presseähnlich ist.