„Pillars of Eternity“: Rollenspiel-Klassiker im neuen Gewand
Berlin (dpa/tmn) - „Pillars of Eternity“ erscheint eigentlich zum falschen Zeitpunkt. Denn das absichtlich altmodische Rollenspiel ist die ideale Begleitung für lange Winternächte vor dem Computer.
Stattdessen dürfte der Titel nun dafür sorgen, dass viele PC-Spieler den Frühlingsanfang verpassen. Den Entwicklern von Obsidian Entertainment ist es gelungen, die Tugenden alter Rollenspiel-Klassiker mit dem Nutzerkomfort moderner Spiele zu verbinden, ohne dabei Tiefgang und Spielspaß zu opfern.
Bei Obsidian sind viele Programmierer und Designer beschäftigt, die in den 90ern auch an Klassikern wie „Baldur's Gate“ oder „Icewind Dale“ mitgearbeitet haben. Das sieht man dem Spiel auch an jeder Ecke an: Wie früher betrachtet der Spieler das Geschehen aus der Vogelperspektive. Statt aufwendiger 3D-Kulissen gibt es zweidimensionale Hintergrundbilder. Die Ruinen, Städte und Wälder der Fantasywelt Eora werden damit aber trotzdem eindrucksvoll zum Leben erweckt. Für zusätzliche Atmosphäre sorgt die stimmungsvolle Orchestermusik.
Selbst ohne die gelungene Präsentation wäre „Pillars of Eternity“ aber ein spannendes Abenteuer. Dafür sorgen vor allem die gut geschriebenen Texte. Davon gibt es jede Menge, von langen Dialogen bis zu Lexikon-Artikeln über die Welt und ihre Bewohner oder Tagebucheinträgen des Spielerhelden. Für Lesemuffel ist „Pillars of Eternity“ also definitiv das falsche Spiel. Immerhin sind die Texte komplett und kompetent übersetzt, nur die Sprachausgabe erklingt ausschließlich auf Englisch.
Zu Beginn des Abenteuers erstellt sich der Spieler zuerst einen Charakter. Zur Wahl stehen, wie sich das für eine Fantasywelt gehört, Elfen oder Zwerge, Zauberer und Krieger, aber auch ein paar exotischere Varianten. Der eigene Held muss aber nicht alleine ins Abenteuer ziehen: Schon nach kurzer Zeit trifft man die ersten Gefährten, alle mit eigenen Fähigkeiten und Hintergrundgeschichten.
Wichtig sind die bis zu fünf Begleiter vor allem in den Kämpfen. Die laufen in Echtzeit ab. Der Spieler kann das Geschehen aber jederzeit anhalten und Kommandos geben, also zum Beispiel bestimmte Spezialangriffe oder Zaubersprüche auswählen. Das ist auch bitter nötig, denn selbst auf dem Standard-Schwierigkeitsgrad ist „Pillars of Eternity“ alles andere als einfach.
Zum Glück besteht das Spiel aber nicht nur aus Kämpfen. Viel Zeit verbringt man auch mit Gesprächen, mit dem Erkunden der Spielwelt oder der Suche nach Schätzen. Dazu gibt es Actionsequenzen wie das Erklettern einer Burg voller Feinde. Solche Szenen werden aber nicht als aufwendige Animation, sondern nur in Textform mit Entscheidungsmöglichkeiten präsentiert - eine ungewöhnliche Wahl, die überraschend gut funktioniert.
„Pillars of Eternity“ ist den großen Vorbildern sehr ähnlich, das gilt selbst für kleine Details wie den Mauszeiger. Zum Glück hat Obsidian zumindest die Menüs und das zugrundeliegende Regelsystem deutlich modernisiert. Im direkten Vergleich zu „Baldur's Gate“ und Co. spielt sich die Neuauflage daher tatsächlich etwas komfortabler. Wer das nicht will, kann den Expertenmodus aktivieren, in dem viele Komfort-Features und Hilfestellungen wegfallen.
Viel Zeit sollten Hobby-Abenteurer in jedem Modus mitbringen: Wer die Welt gründlich erkundet und sich neben der Story auch auf die vielen Geschichten am Rande einlässt, kann locker mehrere Wochen mit dem Spiel verbringen. „Pillars of Eternity“ gibt es für rund 50 Euro auf Disc und als Download für Windows, OS X und Linux. Das klassische Rollenspiel ist ab 16 Jahren freigegeben.