Steve Jobs und das Ende einer Ära
Mit dem Rücktritt des schon zu Lebenszeiten legendären Apple Gründers Steve Jobs geht eine Ära in der Informationstechnologie zu Ende. Zwar ist der an seinem Marktwert gemessene teuerste Computerkonzern der Welt unter der Regie des neuen Chefs Tim Cook in guten Händen. Doch jener Visionär, der aus Apple ein Lifestyle Unternehmen zimmerte, wird künftig nur noch eine Randfigur sein. Für die Zukunft der Firma, davon sind viele Experten überzeugt, verheißt das nichts Gutes.
Washington. Steve Jobs hatte den Tag kommen sehen. Er litt seit Jahren unter Krebs der Bauchspeicheldrüse und hat bereits eine Lebertransplantation hinter sich. Bei seinen seltenen Auftritten, in der Regel zur Vorstellung einer neuen Produktlinie, war er immer hagerer und blasser.
Bereits im Februar, als er sich krankheitsbedingt beurlauben ließ, hatte der von Jobs selbst auserkorene Nachfolger Tim Cook für kurze Zeit die Vorstandsspitze übernommen. Nun aber war es soweit. "Sobald der Tag gekommen ist, an dem ich meinen Pflichten als CEO von Apple nicht mehr nachkommen kann, werde ich der erste sein, der Euch dies wissen lässt" schrieb er in seinem Abschiedsbrief. "Dieser Tag ist nun leider gekommen" fügte der 56-Jährige hinzu.
Nur selten werden ein Unternehmen und dessen Produkte so direkt mit dem Gründer identifiziert wie bei Steve Jobs und Apple. "Wer Microsoft hört, der denkt zwar sofort an Bill Gates" erklärt Leander Kahney, Chefredakteur der IT-Publikation "Cult of Mac". Ähnlich verhalte es sich bei Jobs, der aber zudem ein Visionär ist, der zur Kultfigur aufstieg. "Jobs hatte massiven Einfluss auf die gesamte Computerindustrie" erklärt Kahney, "mehr als Gates und jeder andere in der Geschichte der Branche."
Das lag zum einen an seinem Pioniergeist und seiner Kreativität, zum Teil aber auch daran, dass Jobs als ausgesprochen schwieriger Mensch, als unnachgiebiger Perfektionist gilt, den der kleinste Fehler zur Weißglut bringt. Zwar wissen Fans, seine lässigen Umgangsformen und die legeren Auftritte in Jeans, Turnschuhen und dem immer kragenlosen, langärmeligen schwarze Hemd zu schätzen. Insider aber beschreiben einen ganz anderen Steve Jobs, einen "control freak" ("Kontrollfanatiker"), wie die Amerikaner es nennen.
"Er ist ein knallharter Boss, der jedes Detail überwacht" erklärt ein früherer Apple Manager, der nach acht Jahren im Job die stressige Atmosphäre nicht mehr aushielt. "Für alles andere als Perfektion hat Steve absolut Null Toleranz." Sein Umgangsstil trug auch maßgeblich zu jenem Auf und Ab bei, das zum Markenzeichen von Jobs Karriere wurde.
1976 gründete der Studienabgänger gemeinsam mit seinem Freund Steve Wozniak das Unternehmen Apple, wurde aber wegen interner Querelen neun Jahre später von jenem Vorstand, dessen Zusammensetzung er selbst bestimmt hatte, vor die Tür gesetzt.1996 kehrte Jobs zu Apple zurück, und der Höhenflug des Unternehmens seit dem zweiten Anlauf des Gründers ist eine klassische amerikanische Erfolgsgeschichte.
Jobs begann damit, sämtliche Klone des legendären Macintosh Computer aus dem Markt zu räumen. Er löste Lizenzverträge mit jenen Herstellern auf, die das Recht erworben hatten, ähnliche Produkte wie den wegweisenden "Mac" zu fertigen. Viele Experten glaubten, das ambitionierte Projekt, nämlich auf der Grundlage des Mac eine Generation von Nachfolgeprodukten mit gewagtem, modernen Styling zu entwickeln, sei zum Scheitern verurteilt. Als erstes Unternehmen verwendete nämlich Apple den damals weitgehend unbekannten USB Standard anstelle der üblichen Anschlüsse für Drucker, Monitore und andere Perphäriegeräte.
Skepitiker konnte Jobs aber eines Besseren belehren. In den Jahren danach widmete sich Apple der Entwicklung einer Generation von Produkten, die den Markt im Sturm eroberten und maßgeblich zur Entstehung der "new Media" beitrugen. In 2007 stellte er das erste in einer langen Serie von "i-Phones" vor, einem Telefon, das zudem über einen Medienspieler verfügt und weitgehend vom Bildschirm aus gesteuert wird. Das US-Nachrichtenmagazin TIME kürte das revolutionäre Handy aus dem Hause Apple zum "2007 Produkt des Jahres".
Danach ging es Schlag auf Schlag. Zuvor hatte Apple schon den iPod, einen mobilen Medienspieler, Spielerkonsole und zugleich WiFi-Plattffform auf den Markt gebracht. Später kam der Tablet Computer iPad. Jede neue Generation eines Produkts hielt jene treuen Fans, für die Steve Jobs eine Kultfigur war und ist, in Atem und ließ bei dem Branchenprimus Apple die Kassen klingeln.
Wie der Finanzsender CNBC berichtete, kletterte der Kurs der Apple Aktie seit Jobs Rückkehr von 5,48 auf bis zu 378 Dollar, ein Zuwachs um sagenhafte siebentausend Prozent. Auch Steve Jobs hat längst ausgesorgt. Sein Vermögen wird von Forbes Magazin auf 8,3 Milliarden Dollar geschätzt. Zwar gilt sein Nachfolger Tim Cook als effizienter Manager und guter Verkäufer. "Doch ein Steve Jobs ist er nicht" erklärt Leander Kahney. "Mal sehen, wie das Unternehmen ohnen den großen Visionär weitermacht."