Streit ums E-Government: Post schreibt an Ministerpräsidenten

Bonn (dpa) - Die Deutsche Post hat die Regierungschefs aller 16 Bundesländer aufgerufen, dem geplanten Gesetz über die Verwaltung im digitalen Zeitalter nicht zuzustimmen.

Ein Sprecher des Unternehmens bestätigte am Freitag in Bonn einen entsprechenden Bericht von „Spiegel Online“. Kern des Streits sind unterschiedliche Angebote für den verschlüsselten E-Mail-Verkehr. Das geplante Gesetz sieht nicht den von der Post betriebenen E-Postbrief, sondern das Konkurrenzverfahren De-Mail als Standard vor.

„Wir kritisieren nach wie vor das E-Government-Gesetz,
weil es aus unserer Sicht die staatlich organisierte De-Mail protektioniert und andere gleichwertige und zum Teil sogar leistungsfähigere Angebote benachteiligt“, sagte der Postsprecher. Vorstandsmitglied Jürgen Gerdes habe den Ministerpräsidenten in der Hoffnung geschrieben, „dass der Bundesrat dem Gesetz nicht zustimmt“.

Die Deutsche Post hat im April bei der EU-Kommission Beschwerde gegen das vom Bundestag bereits verabschiedete Gesetz eingelegt. Der Bundesrat will Anfang Juni darüber entscheiden.

Das Bonner Unternehmen hatte seinen E-Postbrief für den rechtssicheren E-Mail-Verkehr im Juli 2010 gestartet - mit einem Investitionsvolumen von 500 Millionen Euro über einen Zeitraum von fünf Jahren hinweg. Im Februar 2011 verabschiedete der Bundestag dann das De-Mail-Gesetz. Auf dieser Grundlage entwickelten mehrere Konkurrenten der Deutschen Post entsprechende Angebote.

Im Bundesinnenministerium erklärte am Freitag ein Sprecher zum Vorstoß der Deutschen Post, das Unternehmen habe es selbst in der Hand, ihren E-Postbrief mit dem De-Mail-Standard in Einklang zu bringen. „Der Deutschen Post geht es aber offensichtlich darum, ihr Monopol aus dem Briefzeitalter in die elektronische Welt zu retten.“, kritisierte der Sprecher.

De-Mail und E-Postbrief sind untereinander nicht kompatibel und können auch nicht mit herkömmlichen E-Mailkonten kommunizieren. Kritiker wie der Chaos Computer Club (CCC) haben beide Verfahren als unsicher und überflüssig kritisiert und verweisen auf offene Verschlüsselungstechniken wie OpenPGP. Die Kritik an der De-Mail wird vom Bundesinnenministerium zurückgewiesen. Spezielle Software wie OpenPGP oder GNU Privacy Guard seien „für Hacker und versierte IT-Spezialisten verwendbar, kaum aber für technisch normal begabte Internet-Nutzerinnen und -Nutzer“.