Bedienkomfort Trotz Robotern und Apps: Kein Ende der Hausarbeit in Sicht

Berlin (dpa) - „Das bisschen Haushalt kann so schlimm nicht sein“, singt Johanna von Koczian. „Das bisschen Haushalt macht sich von allein - sagt mein Mann.“ Das war vor vier Jahrzehnten und es war natürlich ironisch gemeint.

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Heute redet nicht der Ehepartner die Mühen des Alltags klein, sondern die Hausgerätebranche - und sie meint es ernst. Mit Robotern, Sprachsteuerung und Apps soll die Hausarbeit leichter von der Hand gehen. Das ist vor der Elektronikmesse IFA allerorten zu hören, die an diesem Freitag für Besucher öffnet.

Nach dem Stromsparen ist Bedienkomfort das nächste große Versprechen. Es soll die Käufer in die Elektronikmärkte locken. Denn ohne eine neue Story lassen sich Umsätze im satten deutschen Markt kaum noch steigern. Und diese Story lautet, wie etwa bei Electrolux: „Wir lieben es, ihren Alltag zu erleichtern.“

Rund und dunkel surrt der Scout RX2 wie von Geisterhand durch den Raum. Er hat Kameras, Sensoren, lässt sich mit dem Handy einschalten und ist - ein Staubsauger von Miele. Einfache Hausgeräte stecken heute voller hoch entwickelter Technik. Roboter übernehmen das Staubsaugen und Wischen, Sprachsteuerung erspart manchem sogar das Bücken zum Knopfdruck.

Um zwei Prozent legte der Umsatz mit Hausgeräten im ersten Halbjahr noch zu, nach Zahlen des Zentralverbands Elektrotechnik und Elektronikindustrie. Das Plus fiel damit spürbar kleiner aus als im Vorjahreszeitraum.

Die Branche gibt sich dennoch optimistisch, verweist auf die gute Konjunktur und den Wohnungsbau. Denn jede neue Wohnung braucht auch Herd, Kühlschrank und Kaffeemaschine. „Die ökonomischen Voraussetzung sind nicht schlecht“, sagt Reinhard Zinkann, der Sprecher der deutschen Hausgeräteindustrie.

Hoffnungsträger sind vernetzbare Geräte. Europaweit verkauften sich im ersten Halbjahr laut GfK-Marktforschung Saugroboter gut, die sich per App steuern lassen. In Deutschland ziehen demnach - auf niedrigem Niveau - auch vernetzbare Kaffeeautomaten im Verkauf an. Zinkann betont: „Die Nachfrage nach höherwertigen Geräten steigt.“

In einer Zeit, in der mancher seine neue Küche auf Facebook zur Schau stellt, sind Hausgeräte auch Luxusobjekte und Statussymbole. Wer 2000 Euro für eine Kaffeemaschine ausgibt, will genießen - und nicht den Kaffee hastig runterspülen, weil der Staubsauger wartet. Hausarbeit ist im Alltag der Deutschen die zweitgrößte Stressquelle nach Papierkram, jedenfalls nach einer Siemens-Umfrage.

Siemens hat in Berlin wieder Kühlschränke mit Kameras aufgestellt. Man kann unterwegs im Handy seine Vorräte sehen, notfalls gleich per App beim Lieferdienst nachbestellen oder zu Hause schon mal den Backofen vorheizen - auch wenn das nach der Umfrage nur jeder fünfte Befragte will. Slogan: „Das Zuhause steuern. Jederzeit und überall.“

Wurde vor Jahren auf der IFA das Energiesparen hoch gespriesen, ist es nun das Zeitsparen. „Halbe Waschzeit - mehr Freizeit“, wirbt Samsung. 65 Prozent Zeit spart, wer sein Hemd einem „Aktivsauerstoff“-Programm unterzieht, ohne es zu waschen, wirbt ein anderer Hersteller. Ein weiterer verspricht, sein Ofen backe den Kuchen bis zu 70 Prozent schneller, dank elektromagnetischer Wellen, die den Garprozess starten und überwachen.

Beim Energiesparen scheint das Ende der Fahnenstange dagegen erreicht - sowohl technisch als auch beim Kundeninteresse. Nicht einmal jeder zehnte verkaufte Geschirrspüler und Kühlschrank in Europa fiel im vergangenen Jahr in die beste Effizienzklasse A+++, die meisten Käufer gaben sich mit A+ zufrieden. Nur bei Waschmaschinen liegen die sparsamsten laut GfK vorn.

Oft sinkt bei noch größerer Effizienz mit dem Verbrauch der Komfort: Die Geräte waschen beispielsweise sehr lange. Energiesparen sei kein Haupttrend mehr, sagt auch Branchensprecher Zinkann. „Es ist recht schwer geworden, eine gute Balance zwischen Effizienz und Nutzen zu bekommen.“ Das Hauptthema sei nun: „Mach das Leben einfacher.“

Doch auch der Trend zum vernetzten Zuhause wird schon lange beschworen - mit mäßigem Erfolg. Unterm Strich entfielen im ersten Halbjahr in Europa gut fünf Prozent der Haushaltsgroßgeräte-Ausgaben auf Produkte, die man mit anderen vernetzen kann, viel weniger als in Asien.

Noch fehlt auch ein gemeinsamer technischer Standard - eine gemeinsame Sprache, die Produkte unterschiedlicher Hersteller verstehen. Bosch Siemens Hausgeräte will nun mit „Home Connect“ einen offenen Industriestandard etablieren, für den sich alle Partner registrieren können. „Es macht bei der Vernetzung keinen Sinn, dass jeder Hersteller seine eigenen geschlossenen Systeme hat“, sagte Marketing-Chef Matthias Ginthum.