US-Patentprozess: Apple und Samsung bekräftigen Vorwürfe
New York (dpa) - Der Patentprozess von Apple und Samsung in Kalifornien wird anders als die bisherigen Verfahren vor europäischen Gerichten. Diesmal müssen die Anwälte statt versierter Richter einfache Geschworene überzeugen.
Dabei kämpfen sie mit harten Bandagen.
Vor den neun Geschworenen beharkten sich die Anwälte der beiden Konzerne mit Vorwürfen, die jeweils andere Seite habe sich schamlos bei patentgeschützten Ideen bedient. Apple bot zusätzlich Einblicke in den bislang kaum bekannten Design-Prozess. Und die Samsung-Anwälte erzürnten das Gericht mit der eigenmächtigen Veröffentlichung von Prototypen-Bildern, die Richterin Lucy Koh ausdrücklich nicht in dem Verfahren behandeln wollte. Als nächster Zeuge soll am Freitag Apple-Marketingchef Phil Schiller gehört werden.
Apple bekräftigte den Kern-Vorwurf, Samsung habe in großem Stil iPhone und iPad nachgebaut. Der südkoreanische Konkurrent habe die bewusste Entscheidung getroffen, die Apple-Geräte im Detail zu kopieren, sagte Anwalt Harold McElhinny in der Eröffnungs-Erklärung am Dienstag laut US-Medienberichten. Als Beleg demonstrierte er den Geschworenen Fotos von Samsung-Geräten vor und nach der Vorstellung des iPhone. Außerdem präsentierte er eine interne Analyse des südkoreanischen Konzern aus dem Jahr 2007 in der es unter anderem heißt, „die Hardware ist leicht zu kopieren“.
Die Südkoreaner konterten, Apple habe iPhone und iPad auf fremden Ideen aufgebaut. Zudem versuche der US-Konzern, von Samsung erfundene Technologien kostenlos zu nutzen. Als Beispiel nannte Samsung-Anwalt Charles Verhoeven die Funktion zum Versenden von Bildern als E-Mail - und präsentierte passenderweise ein Bild, bei dem sie von Apple-Gründer Steve Jobs vorgeführt wird. Auch das Design des iPhone habe die Gegenseite nicht wirklich erfunden. Und Apple könne auch „keine Rechtecke patentieren“, sagte er. Samsung habe sich vom iPhone „inspirieren“ lassen, und Apple sei unter anderem Ideen des Wettbewerbers Sony gefolgt. Apple bestreitet eine „Sony-Spur“ und hat zur großen Unzufriedenheit von Samsung auch durchgesetzt, dass sie weitgehend aus dem Prozess herausgehalten wird.
Die Verhandlung förderte erstmals den Anteil von Samsung-Bauteilen an Apple-Geräten zutage: Laut Verhoeven machen Komponenten der Südkoreaner 26 Prozent vom Preis der Bauteile eines iPhone aus. Der Apple-Anwalt entgegnete, die Samsung-Patente seien für den Erfolg von Apples Geräten nicht entscheidend.
Schon zu Beginn der Verhandlung lieferte sich Samsung-Chefanwalt John Quinn zufolge ein ungewöhnlich lautstarkes Wortgefecht mit Richterin Lucy Koh. Quinn verlangte, dass Bilder einiger Samsung-Prototypen aus der Zeit vor dem iPhone doch noch als Beweismittel zugelassen werden. Koh verwies auf die frühere negative Entscheidung und drohte Quinn mit Sanktionen bei weiterer Diskussion. Die Samsung-Seite erklärte daraufhin, damit würden den Geschworenen wichtige Beweise dafür vorenthalten, dass man mit dem Modell F700 das iPhone nicht kopiert habe - und veröffentlichte einen wenig später gelöschten Link zu den Bildern. Richterin Koh wertete das als Versuch, die Geschworenen zu beeinflussen und forderte eine Erklärung von den Samsung-Anwälten.
Als erster Zeuge erzählte Apple-Designer Christopher Stringer, der Kern des Design-Teams sei nur etwa 15 Personen stark und entwickele neue Ideen gemeinsam an einem großen „Küchentisch“. Das iPhone zu konstruieren und zu bauen sei eine erhebliche technische Herausforderung gewesen, sagte er. Dabei seien viele Ideen verworfen worden, bis schließlich eine „perfekte“ Form gefunden worden sei. Auch Apple-Gründer Steve Jobs sei nervös gewesen, ob es angesichts des damals ungewöhnlichen Designs von den Nutzern angenommen werde.
Aus zehn Geschworenen wurden am zweiten Verhandlungstag unterdessen neun. Eine Frau bat, von der Aufgabe befreit zu werden, weil ihr Arbeitgeber sie in dieser Zeit nicht bezahlen wolle. Das Gericht willigte ein. Jetzt werden sieben Männer und zwei Frauen den Fall entscheiden. Der Prozess dürfte mindestens bis Mitte August dauern. Apple verlangt mehr als 2,5 Milliarden Dollar Schadenersatz.
Der Prozess in San Jose ist der bisherige Höhepunkt eines seit mehr als einem Jahr laufenden Patentkriegs der beiden Unternehmen. Hintergrund ist der Kampf um die Vorherrschaft im viele Milliarden schweren Smartphone-Geschäft. Das Smartphone-System Android gilt als das eigentliche Ziel der Apple-Klagen gegen Gerätehersteller wie Samsung, Motorola oder HTC. Im Prozess trat die enge Verbindung von Samsung und Android deutlich zutage: Dem Samsung-Anwalt zufolge arbeiten 90 Mitarbeiter in San Jose mit Google an der Entwicklung des Betriebssystems.