Vor 25 Jahren starb Heinz Nixdorf

Paderborn (dpa) - Ein Leben für den Computer: Als junger Student brauste Heinz Nixdorf mit seinem Moped zu Unternehmen, um sie von seiner Idee eines „Elektronenrechners“ zu überzeugen. Rund 35 Jahre später hatte die Nixdorf Computer AG 25 500 Mitarbeiter und war der viertgrößte Computerhersteller Europas.

Fundament des Erfolgs waren die mittelgroßen Rechner, doch die Chancen der aufkommenden kleinen PC verkannte Nixdorf. Am 17. März 1986 starb er mit nur 60 Jahren auf der ersten Computermesse CeBIT in Hannover. Auf einer Show für Kunden und Mitarbeiter war der Firmenchef beim Tanzen mit einem Herzinfarkt zusammengebrochen.

Heinz Nixdorf stammte aus einfachen Verhältnissen. Er wurde am 9. April 1925 als ältester von fünf Söhnen eines Bahnarbeiters in Paderborn geboren. Nach dem Zweiten Weltkrieg studierte er in Frankfurt/Main Physik und Betriebswirtschaft und arbeitete 1951 einige Monate als Praktikant in der Entwicklung des deutschen Ablegers des US-Elektronikunternehmens Remington-Univac.

In Deutschland herrschte damals Aufbruchstimmung und Nixdorf konnte sehr überzeugend sein. Beim Energieversorger RWE in Essen begeisterte er den Leiter der Lochkartenabteilung für sein Projekt eines Röhrenrechners. Mit einem Startkapital von 30 000 Mark machte sich Nixdorf an die Arbeit. 1952 gründete er das Heinz Nixdorf Labor für Impulstechnik in Essen, später zog er nach Paderborn um.

Es war die Zeit des Glaubens an die unbegrenzten Möglichkeiten der Technik. „Riesige Rechner entstehen, die schnell 20, 30 oder 40 Quadratmeter einnehmen“, sagt Kurt Beiersdörfer, Geschäftsführer des Heinz Nixdorf Museums Forums in Paderborn. US-Unternehmen, allen voran IBM, beherrschten damals den Computermarkt. Mehrere Millionen Mark kostete so ein Rechenmonster.

Hier erkannte Nixdorf seine Nische. Während IBM sich ganz auf die Großkunden konzentrierte, entwickelte Nixdorf Geräte für die kleinen und mittleren Unternehmen. „Er war der Wegbereiter der dezentralen Datenverarbeitung“, sagt Beiersdörfer.

Das programmierbare, damals als „Kleincomputer“ geltende System 820 (Basispreis des Modells 15 von 1974: 21 090 Mark) verhalf Nixdorf ab Mitte der 60er Jahre zu einem steilen Aufstieg. 1966 lag der Umsatz noch bei 28 Millionen Mark, 1985 waren es knapp vier Milliarden.

Nixdorf habe den Computer am Arbeitsplatz ermöglicht, sagt der Informatikprofessor an der Bielefelder Universität, Ipke Wachsmuth. Andererseits habe er offenbar die Entwicklung des Personal Computers unterschätzt. Apple legte in den 70er Jahren den Grundstein, 1981 stellte IBM seinen ersten PC vor, 1984 folgte der Apple Macintosh. „Wir bauen keine Goggomobile“, soll Nixdorf dazu gesagt haben.

Nixdorf habe vor allem Unternehmen mit Rechnern versorgt, betont Wachsmuth. Möglicherweise habe er deshalb entschieden, den PC-Markt anderen zu überlassen. „Wenn man dann aber feststellt, dass der eigentlich für den privaten Nutzer konzipierte PC in erheblichem Umfang in den Geschäftsbereich eingedrungen ist, dann hat man sich verkalkuliert.“

Nixdorf bot Komplettlösungen an, Geräte und Software. Zunächst profitierte er von diesem Konzept, später erwies sich dieses Modell als Hemmschuh. „Als sich MS-DOS weltweit als Standardbetriebssystem durchsetzte, war Nixdorf war mit seinen ganz eigenen Betriebssystemen plötzlich Außen vor“, erklärt Beiersdörfer. Und mitten in dieser Phase des technischen Umbruchs brach der umtriebige Unternehmer des Wirtschaftswunders auf der Computermesse CeBIT mit einem tödlichen Herzinfarkt zusammen. Mit dem Tod des Firmengründers zeichnet sich auch das Ende der Selbständigkeit der Nixdorf AG ab. Ende 1990 übernimmt Siemens das Paderborner Unternehmen.

„Nixdorf war zunächst einmal Techniker“, sagt Beiersdörfer. „Er war aber kein Konrad Zuse.“ Anders als der Vater des ersten programmierbaren Computers der Welt („Z3“) hat Nixdorf seine Geräte nicht selbst entwickelt. „Nixdorf konnte Problemstellungen formulieren und sich die richtigen Experten für die Lösung dieser Probleme suchen. Der unternehmerische Blick für technologische Bedürfnisse war seine hervorragende Leistung.“

Trotz aller Erfolge vergaß Heinz Nixdorf sein Herkunft nicht. „Er war ein gestandener Westfale“, heißt es heute noch in Paderborn. Bis zu seinem Tod traf er sich mit seinen alten Freunden zum Skat. Als reicher Mann hätte er sich eine Riesenyacht leisten können, stattdessen trat der begeisterte Segler bei Wettkämpfen in der Starboot-Klasse an.

Nixdorf hatte mit seiner Frau Renate drei Söhne. Der Älteste, Martin, leitet heute die Heinz Nixdorf Stiftung und die Stiftung Westfalen. Der Name des Gründers lebt weiter im Unternehmen Wincor Nixdorf, einem erfolgreichen Anbieter von Kassensystemen. Und jährlich pilgern rund 125 000 Menschen nach Paderborn in das weltgrößte Computermuseum.