Kritik an Leitlinien Wann dürfen Computer ans Steuer?

Berlin (dpa) - Wenn es um computergesteuerte Autos und ihre neuen Möglichkeiten geht, sind für Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) die Vorteile klar: Weniger Unfälle, weniger Staus, weniger nerviges Parkplatz-Suchen.

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Das sei nichts Geringeres als „die größte Mobilitätsrevolution seit der Erfindung des Automobils“. Und das Autoland Deutschland solle dabei vorweg fahren. Nötig sind aber auch neue rechtliche Leitplanken, die der Bundestag verabschiedet hat. Manche sensible Fragen bleiben aber noch offen.

Was regelt das Gesetz?

„In der Zukunft darf der Computer ans Steuer“, lautet eine zentrale Neuerung, wie Dobrindt sagt. „Wenn der Computer fährt, dann haftet am Schluss der Hersteller“, eine andere. Gesetzlich geregelt werden nun die Voraussetzungen. So muss das System durch den Fahrer jederzeit zu übersteuern oder deaktivieren sein - und „mit ausreichender Zeitreserve“ per Ton- oder Lichtsignal anzeigen, wenn das nötig wird. Fahrer müssen also eingreifen können, wenn etwa aufgewirbelter Regen auf der Fahrbahn die Sensoren stört. Ist eine Computerfunktion nur für Autobahnen gedacht, ist eine Nutzung auf Landstraßen tabu.

Was gibt es schon an Automatisierungen?

Möglich ist bereits eine ganze Menge. So werden Notbremsassistenten in immer mehr Autos eingebaut. Futuristisch muten Parkhilfen an, die Autos mit einer Smartphone-Steuerung in die eigene Garage lenken. Der Fahrer muss nur zur Sicherheit einen Finger auf dem Bildschirm haben - unterbricht der Kontakt, bremst der Wagen. Das Auto findet den Weg aber allein. Auf der Autobahn sollen Fahrer sich entspannen und die Hände vom Steuer nehmen können, wenn das Auto selbst Abstand zum Vordermann hält und eigenständig Spuren wechselt.

Was verspricht sich die Autoindustrie davon?

Für die Autohersteller sind die kleinen Helfer ein Zusatzgeschäft. Nicht zufällig wird die Technologie meist zuerst in den Flaggschiffen eingebaut. Insbesondere Oberklassehersteller wie BMW, Daimler und Audi wollen sich damit abheben. Stecken Kameras, Sensoren, Radar und dazugehörige Steuerung auf Bremsen und Lenkung einmal im Auto drin, werden zusätzliche Anwendungen für die Hersteller nur wenig teurer. „Jedes Mal wenn wir einen neuen Legobaustein haben, können wir ihn einbauen“, sagt Daimler-Entwicklungsvorstand Ola Källenius.

Kaufen die Leute sowas?

Das Interesse ist bei Neuwagenkäufern laut einer Umfrage der Prüforganisation Dekra zumindest da. Vor allem offensichtliche Helfer wie Notbremsassistenten hätten viele Menschen gern in ihren Autos. Die sollen im letzten Moment verhindern, dass der Wagen Fußgänger erfasst. Weniger dringend werden dagegen relativ neue Technologien wie Spurhalteassistent oder eine Verkehrszeichenerkennung bewertet.

Wie geht es weiter?

An den neuen Regelungen wird schon Kritik laut, vor allem bei der Haftung. Der „schwarze Peter“ bleibe beim Autofahrer, kritisiert der Deutsche Anwaltverein. „Bei einer immer stärkeren Automatisierung des Straßenverkehrs wäre eine stärkere Einbeziehung der Hersteller in die Haftung nur konsequent“, fordert Präsident Ulrich Schellenberg. Der Autofahrerclub ADAC schlägt eingebaute Sperrfunktionen vor, so dass Fahrten mit Autobahnassistenten innerorts technisch unmöglich wären.

Was ist noch Zukunftsmusik?

Alles was bislang auf der Straße ist, läuft unter „Level 2“. Darunter versteht die Branche teilautomatisiertes Fahren - der Mensch kann jederzeit eingreifen und überwacht die Systeme. Unter „Level 3“ versteht man schon hochautomatisiertes Fahren, bei dem der Fahrer sich zeitweise anderen Tätigkeiten zuwenden kann. Autohersteller rechnen mit einer Einführung nicht vor 2020. Die Vollautomatisierung, bei der Fahrer nur noch im Notfall eingreifen, sehen Hersteller im kommerziellen Betrieb dagegen danach. Und Roboterautos mit reinen Passagieren auf der Rückbank sind echte Zukunftsmusik.