Watt, Wege, Widerstand: Eine HiFi-Boxenkunde
Berlin (dpa/tmn) - Auch wenn Musik heute oft nur in MP3-Qualität gehört wird, raten Experten zu hochwertigen Lautsprechern. Man muss aber nicht gleich ein Vermögen ausgeben: Schon Boxen für weniger als 1000 Euro sehen Fachleute als gute HiFi-Investition.
Wer sich neue Lautsprecher zulegen will, hat die Qual der Wahl: HiFi-Boxen gibt es in allen Größen und Preisklassen. Für 500 Euro bekommt man entweder schon ein komplettes Heimkino-Set oder nicht einmal einen einzelnen Lautsprecher von einem der teuren Hersteller. Wie entscheidet man sich da? Ist größer und teurer immer besser? Und welche Rolle spielen technische Werte wie Watt-Zahl und Widerstand?
„Teurer ist nach wie vor besser“, lässt der HiFi-Experte von „Testberichte.de“, Jens Claaßen, erst gar keine Zweifel aufkommen. Es lohne sich auf jeden Fall, etwas mehr Geld in die Hand zu nehmen, sagt auch Redakteur Matthias Böde von der Zeitschrift „Stereo“. Selbst wenn günstige Lautsprecher heute durch den Einsatz neuer Materialien und dank kontinuierlicher Entwicklung der Chassis-Technologien viel besser klängen als früher. „Den Unterschied zwischen einem billigen und einem teuren Lautsprecher hört man ganz deutlich.“ Den Preisen nach oben sind kaum Grenzen gesetzt. High-End-Lautsprecher, in denen die Hersteller sich mit allen verfügbaren Mitteln zum perfekten Sound vorarbeiten, können locker mehrere zehntausend Euro kosten - auch pro Stück.
Und die Verbraucher greifen zu. Obwohl das Geschäft mit Unterhaltungselektronik insgesamt im ersten Halbjahr dieses Jahres eher mau lief, gab es bei Lautsprechern kräftige Zuwächse, wie die Gesellschaft für Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik (gfu) erhoben hat. Der Absatz stieg um 12,2 Prozent auf 353 000 Einheiten, beim Umsatz gab es sogar ein Plus von fast 17 Prozent auf 96 Millionen Euro. Das heißt, die Konsumenten sind auch bereit, für Boxen mehr Geld in die Hand zu nehmen.
Wie viel ist aber nun genug für den Normalverbraucher, bevor es unangemessen teuer wird? Es sei schwer, eine optimale Preis-Obergrenze zu setzen, räumt Matthias Böde ein. Für ihn persönlich liege sie etwa bei 700 bis 1000 Euro pro Paar - wenn man denn auch eine ordentliche Anlage sein Eigen nennt, damit die Boxen auch hochwertige Zuspieler haben. Eine höhere Investition lohne sich inzwischen auch mehr, weil die Materialien moderner Lautsprecher heute langsamer altern. „Der technische Fortschritt hat den Boxen insgesamt sehr gutgetan.“ Auch in einer Größenordnung von 500 Euro pro Paar könne man heute sehr anständige Lautsprecher bekommen.
Die Größe der Boxen sei vor allem für die Bass-Wiedergabe wichtig. „Man braucht große Gehäuse, um tiefe Töne zu erzeugen“, erklärt Böde. Und eine große Fläche der Bass-Membrane sei grundsätzlich durch nichts zu ersetzen: „Die Luft muss bewegt werden.“ Deshalb helfe es oft, kleineren Boxen einen Subwoofer unterstützend an die Seite zu stellen. „Der Sound ist dann natürlicher und füllt besser den Raum aus“, sagt der Experte. Allerdings laufe man selbst als Profi Gefahr, den Subwoofer zu laut einzustellen: „Richtig aufgebaut ist er, wenn er sich nahtlos ins Klangbild einfügt.“
Den Bass allerdings nur einem Subwoofer zu überlassen, wie man es von den 5.1-Heimkino-Systemen mit ihren kleinen Hochtönern kennt, ist unter Hifi-Experten allerdings nach wie vor verpönt. „Musik und Film-Sound sind immer noch unterschiedliche Welten“, sagt Böde. Auch bei komprimierter Musik wie MP3 seien gute Boxen nicht weniger wichtig.
Verbrauchen müssen ihr Augenmerk weniger auf technische Daten legen als früher. Es gelte zwar immer noch: „Ausgangsleistung und Impedanz spielen in Relation zur Raumgröße und bei der Wahl passender Lautsprecher eine Rolle.“ Doch die Spielräume sind größer geworden. Die meisten Verstärker und Boxen interagieren problemlos im Impedanz-Bereich von vier bis acht Ohm. „Früher konnte man häufiger danebenliegen, heute gibt es kaum Unverträglichkeiten“, weiß Böde.
Auch die Wattleistung spielt eine untergeordnete Rolle. „Schon mit einem Watt entwickelt ein Lautsprecher bei einer Entfernung von einem Meter eine Lautstärke von 85 Dezibel“, erklärt Böde. Ähnlich wie ein kräftigerer Motor bei einem Auto sei die Wattleistung zwar spürbar, aber nicht entscheidend. Auch ob Boxen zwei oder drei Wege - also Lautsprecher-Einheiten für verschiedene Frequenzen - haben, sei nicht entscheidend. „Da haben unterschiedliche Hersteller verschiedene Ansätze, aber was zählt, ist ein insgesamt stimmiger Sound.“ Auch wenn Lautsprecher zu Hause anders klingen: Auch beim Händler kann man schon einen ganz guten Eindruck vom Klang bekommen.
Auf den Sound haben nicht zuletzt die Lautsprecherkabel einen entscheidenden Einfluss. „Ist das Kabel zu dünn, klingt der Lautsprecher mitunter ebenfalls dünn“, warnt Jens Claaßen. Experte Böde formuliert es noch etwas drastischer: „Wer billigen Klingeldraht nimmt, kann sich die Investition in Lautsprecher gleich sparen.“ Schon ab einem Meterpreis von 2,50 Euro höre man ganz klar einen Unterschied im Vergleich zu billigeren Kabeln.