Wettbewerb zwischen Google und Facebook heizt sich auf
Mountain View (dpa) - Über den großen Rivalen verliert Google keine Silbe. Doch als der Internet-Riese am Dienstag ankündigt, sein Online-Netzwerk Google+ für alle zu öffnen, ist klar, auf wen das abzielt: Der Suchmaschinen-Primus nimmt Facebook ins Visier.
Es geht nicht um irgendeines der vielen Google-Gadgets, die alle paar Wochen online gehen. Das Netzwerk mit dem Pluszeichen ist für den Konzern eines der wichtigsten Projekte. Doch Facebook, derzeit die Nummer 1 unter den Online-Netzwerken, wird schon am Donnerstag nachlegen. Der Wettbewerb zwischen den beiden Netzgiganten heizt sich weiter auf.
Den Zweikampf nimmt Google nicht etwa auf, weil das Geschäft schlecht liefe. Bei der Internetsuche samt Vermarktung dazu passender Anzeigen ist der Konzern aus Kalifornien unangefochten, er verdient damit Milliarden.
Doch die Sozialen Netzwerke gelten als Zukunft der Online-Werbung. Da die Nutzer bereitwillig selbst über sich Auskunft geben, können Werbetreibende ihre Botschaften so passgenau loswerden wie nie zuvor. Auch die Web-Suche, Kerngeschäft von Google, könnte sich mehr und mehr in die sozialen Netzwerke verlagern. Die vielen Meinungen der Nutzer fügen sich hier im besten Fall zu einem Bild des kollektiven Geschmacks zusammen. „Im Web geht es nicht um Seiten, sondern um Leute“, sagte der hochrangige Google-Manager Vic Gundotra einmal.
Nach Fehlversuchen wie Buzz und Wave soll Google+ nun den Durchbruch bringen. Das Projekt startete im Juni 2010 unter der Ägide des langjährigen CEO Eric Schmidt. Larry Page, Mitgründer des Unternehmens und seit April dessen alleiniger Chef, treibt das Thema aber mit Nachdruck voran. Er soll sogar die Bonuszahlungen aller Mitarbeiter an den Erfolg dieser Strategie gekoppelt haben, wie das Blog Business Insider berichtete.
Viele Nutzer dürften sich jedoch fragen, warum sie sich in einem weiteren Netzwerk tummeln sollten. Google setzt auf Funktionen, die Facebook nicht bieten kann. So lassen sich die Inhalte sehr zielgenau veröffentlichen, dank der „Circles“, in die Nutzer all ihre Kontakte einteilen.
Bemerkenswert bei Google+ ist die Funktion Hangouts, die Videotelefonate mit mehreren Teilnehmern erlaubt. „Man kann auf unterschiedliche Arten Inhalte teilen“, sagte Gundotra, der bei Google die Aktivitäten im Sozialen Web verantwortet und als geistiger Vater von Google+ gilt. „Am originalgetreuesten geht das von Angesicht zu Angesicht. Mit Hangouts versuchen wir, einen Austausch wie in der realen Welt zu ermöglichen.“
Google setzt nicht allein auf Technik, sondern auch auf seinen riesigen Nutzerstamm. „Mehr als eine Milliarde Menschen kommen schon jetzt zu den verschiedenen Google-Diensten“, betonte Gundotra im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Sie müsse man überzeugen, dass Google+ ein „großartiger Ort“ sei. Damit Besucher den Dienst entdecken, hat Google auf seiner milliardenfach aufgerufenen Suchseite einen dicken blauen Pfeil platziert, der auf „+Ich“ verweist - das neue Netzwerk.
Wenn es um die ungewohnte Konkurrenz geht, gibt sich Facebook betont locker. Aber das Unternehmen hat längst reagiert: etwa mit einer Funktion, die Circles bei Google+ ähnelt und die Kontakte automatisch in Listen einteilt. Mit einem eigenen, wenn auch weniger ausgefeilten Videochat. Und mit mehr Übersicht im Live Stream, also dem Ticker, der die Aktivitäten der Freunde vermeldet.
Am Donnerstag wird Facebook weiter nachlegen. Das Unternehmen lädt dann zur Entwicklerkonferenz F8 in San Francisco - und glaubt man den unzähligen Gerüchten, die Blogs und Medien verbreiten, wird es zu einigen großen Ankündigungen kommen.
Einig sind sich die Berichterstatter, dass der Freundestreff zu einer Medienzentrale ausgebaut werden soll. Musik und Filme sollen dafür sorgen, dass die Nutzer noch länger online bleiben. Weitere Gerüchte ranken sich um eine HTML5-Version der Website, die auf dem iPad funktionieren würde. Das Blog Techcrunch will zudem erfahren haben, dass der „Gefällt mir“-Knopf Geschwister bekommt: Nutzer sollen zeigen können, dass sie etwas gelesen, gehört oder angeschaut haben („Read“, „Listened“, „Watched“).
Ob Google-Manager Vic Gundotra demnächst etwas Ähnliches ankündigt?