Wikileaks-Gründer gegen Kaution vorerst frei

London (dpa) - Wikileaks-Gründer Julian Assange fürchtet nach seiner Freilassung auf Kaution eine Auslieferung an die USA. Er habe „Gerüchte“ von seinen Anwälten in den USA gehört, wonach dort eine Anklage gegen ihn vorbereitet werde, so Assange kurz nach seiner Haftentlassung in London.

Neun Tage nach seiner Festnahme wegen Verdachts auf sexuelle Verfehlungen in Schweden erstritt der Australier am Donnerstag vor einem Londoner Gericht, dass er auf Kaution und unter bestimmten Bedingungen auf freiem Fuß sein kann. Er muss in Freiheit unter anderem eine elektronische Fußfessel tragen.

Das höchste britische Zivilgericht hatte eine Berufung gegen die Entscheidung aus erster Instanz vom Dienstag verworfen. Bevor Assange in das Landhaus eines Freundes fuhr, in dem er sich in den kommenden Wochen aufhalten muss, kündigte der 39-Jährige nach den jüngsten diplomatischen US-Depeschen neue Wikileaks-Veröffentlichungen an. Obwohl sich die Mitarbeiter durchaus in großer Gefahr befänden, würden sie durch die weltweite Unterstützung geschützt.

Er selbst werde ebenfalls nicht aufgeben und sowohl seine Arbeit für Wikileaks fortsetzen als auch weiter seine Unschuld beteuern, sagte Assange. Derzeit warte er mit seinem Anwalts-Team darauf, welche Beweise es für die Anschuldigungen gegen ihn gebe. Bislang liege ihm dazu noch nichts vor.

Der Kopf der Enthüllungsplattform saß wegen des Vorwurfs des sexuellen Missbrauchs zweier Frauen seit mehr als einer Woche in Untersuchungshaft. Grundlage war ein EU-weiter Haftbefehl Schwedens. Die Behörden dort wollen die Auslieferung des Internetaktivisten. Darüber soll unabhängig von der Haftfrage erst im Januar entschieden werden.

Assange und seine Unterstützer halten die Vorwürfe für einen Vorwand der USA, ihn wegen der politischen Enthüllungen von Wikileaks kaltzustellen. Wikileaks hatte in den vergangenen Monaten tausende brisante Dokumente über die Kriege im Irak und Afghanistan sowie diplomatische Depeschen herausgegeben. Die Veröffentlichungen hatten vor allem die USA in Erklärungsnot gebracht.

Nach einem Bericht der „New York Times“ prüft die US-Justiz, ob sie ein Verfahren gegen Assange einleiten kann. Dabei soll es um den Vorwurf von Verschwörung und Spionage gehen. Die Frage sei, ob Assange dem inzwischen inhaftierten US-Soldaten Bradley Manning aktiv geholfen oder ihn ermutigt habe, vertrauliche Dokumente herunterzuladen. Dem Zeitungsbericht zufolge soll ein Chat-Protokoll vorliegen, in dem Manning solche Andeutungen mache. Assange soll Manning demnach unter anderem Zugang zu einem Wikileaks-Server verschafft haben.

Assange kündigte an, es werde noch „einiges an Informationen kommen“. Dazu sollen unter anderem Dokumente gehören, die angeblich zeigen, dass US-Diplomaten aufgefordert wurden, DNA-Proben von Menschenrechtlern und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon zu sammeln. Die Menschen in den betreffenden Ländern hätten ein Recht, zu erfahren, was in den Dokumenten stehe, sagte Assange. Es sei außerdem bedenklich, dass US-Botschafter zum Teil als Spione arbeiteten.

In erster Instanz war Assange bereits am Dienstag die Freilassung gegen Sicherheitsleistungen in Höhe von insgesamt 240 000 Pfund (rund 288 000 Euro) garantiert worden. Dagegen war jedoch Berufung eingelegt worden, weil Fluchtgefahr bestehe.

Die Auflagen für Assange hielt die zweite Instanz im wesentlichen aufrecht: Er muss eine elektronische Fußfessel tragen und sich weitgehend auf dem Landsitz seines Freundes Vaughan Smith, dem Gründer des Londoner Frontline-Journalistenclubs, im Südosten Englands aufhalten. Assange muss seinen Pass abgeben und sich täglich auf der örtlichen Polizeiwache melden.

Assange war von mehreren Prominenten Geld für die Kaution zugesagt worden, darunter vom US-Filmemacher Michael Moore und der Menschenrechtlerin Bianca Jagger.

In Schweden und Großbritannien waren unterschiedliche Deutungen über den Urheber der gescheiterten Berufung aufgetaucht. Eine Sprecherin der schwedischen Staatsanwaltschaft sagte, ihre Behörde habe mit der Berufung nichts zu tun. Das Rechtsmittel sei allein von der britischen Staatsanwaltschaft eingelegt worden. Diese widersprach: Die britische Staatsanwaltschaft habe im Auftrag Schwedens gehandelt.