Zeitung: Hacker gingen bei Nortel ein und aus

New York (dpa) - Mutmaßliche chinesische Hacker haben laut einem Zeitungsbericht über viele Jahre praktisch uneingeschränkten Zugang zum Computersystem des Telekom-Ausrüsters Nortel gehabt.

Dank sieben gestohlener Passwörter von Top-Managern habe es für die Eindringlinge vom Jahr 2000 an bei Nortel kaum Geheimnisse gegeben, berichtete das „Wall Street Journal“ am Dienstag unter Berufung auf eine interne Untersuchung. Noch als Nortel 2009 pleiteging, sei der Datenabfluss weitergelaufen.

Die Angreifer hätten „Zugang zu allem gehabt“, sagte Brian Shields, der Manager, der seinerzeit als Sicherheitsbeauftragter die Untersuchung bei Nortel geleitet hatte. Über die Jahre seien Massen an technischer Dokumentation, Entwicklungsberichten, Geschäftsplänen und E-Mails heruntergeladen worden. „Sie hatten jede Menge Zeit“, sagte Shields. „Sie mussten sich nur aussuchen, was sie haben wollten.“ Unter den sieben Passwörtern sei auch das vom damaligen Konzernchef gewesen. Die Angreifer seien nie identifiziert worden, aber sie scheinen aus China gearbeitet zu haben, hieß es.

Die Spionage-Software sei so tief in den Computern einiger Mitarbeiter versteckt gewesen, dass es Jahre gedauert habe, bis dem Unternehmen das Ausmaß des Problems bewusst geworden sei. Der Einbruch wurde laut dem Untersuchungsbericht erst 2004 entdeckt, als Fragen aufkamen, weil ein ranghoher Manager einen für ihn ungewöhnlichen Satz an Dokumenten heruntergeladen zu haben schien. Als dieser davon selbst überrascht war, wurde klar, dass etwas nicht stimmt. Danach wurden Computer festgestellt, die immer wieder Daten an Internet-Adressen in Schanghai verschickten.

Dem Bericht zufolge unternahm Nortel zunächst so gut wie nichts, um den Abfluss der Informationen zu stoppen, außer die sieben Passwörter zu ändern. Der langjährige Nortel-Chef Mike Zafirovski sagte der Zeitung, das Thema sei lange nicht erstgenommen worden.

Nortel war 2009 pleitegegangen, auch als Folge der damaligen Finanzkrise. Der kanadische Netzwerk-Gigant wurde zerschlagen und die Firmenteile von diversen Rivalen aufgekauft. Der pikante der Teil der Geschichte ist, dass Nortel laut Shields vor Beginn des Ausverkaufs weder die Eindringlinge gestoppt noch den Interessenten wie Avaya, Ericsson oder Ciena etwas von dem Problem erzählt habe.

Den etablierten westlichen Netzwerk-Ausrüstern wie Ericsson oder Nokia Siemens Networks machen seit Jahren chinesische Konkurrenten mit ihrer günstigeren Technik zu schaffen. Die USA werfen China schon seit langem vor, über das Internet Spionage zu betreiben - Medien schreiben plakativ von den „Roten Hackern“. Peking weist die Vorwürfe stets zurück. Die jüngste Enthüllung des „Wall Street Journal“ fiel interessanterweise mit dem USA-Besuch des chinesischen Vizepräsidenten Xi Jinping zusammen.

Es hatte bereits massive politische Verstimmungen gegeben, nachdem Google einen massiven Angriff auf seine Server entdeckte und sich ab Anfang 2010 weigerte, die Suchergebnisse in China zensieren. Nach einem monatelangen Kräftemessen mit Peking gelang es dem Internet-Konzern erst mit einem Kompromiss, überhaupt im Land zu bleiben.