Zukunftsvision ohne Ausdauer: Smartwatches im Praxistest
Berlin (dpa/tmn) - Smartwatches könnten irgendwann den gleichen Siegeszug antreten wie Smartphones, sagen Experten. Bis es soweit ist, müssen die Hersteller aber noch einige Probleme beseitigen, unter anderem mit dem Akku.
Die Eroberung verlief rasant: 2007 kam mit dem iPhone das erste moderne Smartphone auf den Markt. Heute stecken die mobilen Alleskönner in so vielen Hosentaschen, dass man sie längst nicht mehr als neuen Trend bezeichnen kann. Ob smarte Uhren vor einem ähnlichen Siegeszug stehen?
„Smartwatches werden sich mittelfristig etablieren und genauso zum Alltag gehören wie Smartphones und Tablet-Computer“, glaubt Timm Hoffmann vom IT-Verband Bitkom. Mit einem Smartphone sind die Geräte aber nicht vergleichbar. Vielmehr sind sie als Zweitdisplay konzipiert - was aus Herstellersicht durchaus Sinn ergibt. „Die Unternehmen haben natürlich kein Interesse daran, ein Gerät durch ein anderes zu ersetzen“, sagt „c’t“-Redakteur Nico Jurran.
Der Vorteil: Dank der Uhr am Handgelenk muss der Nutzer das Smartphone nicht ständig aus der Tasche holen. „Etwa in einem Meeting, wenn der Blick auf die Uhr und das Lesen einer eingehenden Nachricht unauffälliger ist als der Blick auf das Smartphone“, sagt Timm Hoffmann. Darüber hinaus kann die mobile Navigation erleichtert werden. „Der Blick auf die Smartwatch, deren Pfeil nach links oder rechts zeigt, ist angenehmer als der ständige Blick auf das Smartphone“, erklärt Hoffmann.
Viele Smartwatches machen als Zweitdisplay aber noch keine besonders gute Figur. Was hauptsächlich daran liegt, dass es den Herstellern bislang nicht gelungen ist, für eine vernünftige Akkulaufzeit zu sorgen. In das kleine Gehäuse passt eben keine große Batterie. „Der Akku ist das größte Problem“, glaubt auch Nico Jurran. „Denn die Uhr soll ja auch schick sein.“ Vor einem allzu klobigen Gehäuse schrecken viele Hersteller deshalb zurück. Das hat Konsequenzen, denn von einer nicht aufgeladenen Uhr seien Nutzer schneller genervt, als wenn ihrem Handy mal der Saft ausgeht.
Noch fristen Smartwatches wegen solcher Probleme ein Nischendasein. Sportuhren sind dagegen schon fest in den Alltag vieler Hobby- und Profiathleten integriert. Viele Funktionen von Smartwatches decken sie bereits ab. „Mit Sportuhren habe ich jedoch keine Interaktionsmöglichkeiten“, sagt Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule Köln (DSHS). An Bord haben sie aber zum Beispiel eine Zeit-, Geschwindigkeits- und Distanzmessung, die Messung des Kalorienverbrauchs, eine Routennavigation, Pulsmessung und -kontrolle oder einen Intervall- und Pausentimer. Zu viele Möglichkeiten können allerdings kontraproduktiv sein, warnt Froböse.
„Jeder, der ernsthaft Sport betreibt, ist mit einer Sportuhr besser bedient als mit einer Smartwatch“, sagt „c’t“-Redakteur Nico Jurran. Die Smartwatch macht dabei eher keine gute Figur: Weil die Geräte meistens nur in Kopplung mit einem Handy funktionieren, müssten Sportler immer zwei Geräte mitschleppen. „Einen Sportmodus gibt es zwar oft, der ist aber schlecht umgesetzt“, sagt Jurran. Wer statt der Sportuhr unbedingt eine Smartwatch haben will, auf digitale Unterstützung beim Laufen aber nicht verzichten will, kann sich auch ein zusätzliches Fitness-Armband zulegen.