Zwei sind nicht genug: Alternative mobile Betriebssysteme

Barcelona (dpa/tmn) - Android und iOS stehen blendend da. Keinem Konkurrenten ist es bisher gelungen, auch nur annähernd aufzuschließen. Doch nun streben gleich zwei Open-Source-Betriebssysteme nach Höherem - und haben Potenzial, sagen Experten.

Systemvielfalt ist auf dem Mobile World Congress in Barcelona (25. bis 28. Februar) gern gesehen. Canonical präsentiert sein geräteübergreifendes Open-Source-Betriebssystem Ubuntu. Und mit Mozillas Firefox OS verfolgen schon zahlreiche Provider aus aller Welt und zwei Handy-Hersteller konkrete Strategien. Kein Wunder: Denn sogenannte Web-Apps, die auf HTML5 basieren, können sie ohne größeren Aufwand selbst erstellen und darüber Aussehen, Dienste oder Inhalte beeinflussen. Das macht die Gerätehersteller unabhängig von Google und Apple.

Der Versuch, Firefox-Geräte unters Volk zu bringen, soll in diesem Sommer in Polen (Deutsche Telekom) sowie Spanien und Lateinamerika (Telefónica) beginnen. Möglichst günstig sollen die Handys sein und möglichst einfach zu bedienen. Alle Basisfunktionen von SMS bis zu sozialen Netzwerken sind auch bei den ersten Firefox-Handys vorinstalliert. Apps gibt es im integrierten Firefox Marketplace.

„Vieles erinnert an die bereits auf dem Markt etablierten Systeme Android und iOS“, beurteilt die Usability-Expertin Barbara Krüger vom Beratungsunternehmen GfK SirValUse die Benutzeroberfläche von Firefox OS. Web-Apps kämen mittlerweile grundsätzlich an den Funktionsumfang nativer Apps heran, die erst heruntergeladen und installiert werden müssen. Abstriche müssen Programmierer von Web-Apps nur bei aufwendiger Grafik oder der Nutzung bestimmter Hardware-Komponenten machen.

Da das Betriebssystem vergleichsweise schlank ist, taugen für Firefox OS sogar Low-Cost-Smartphones, die mit aktuelleren Android-Versionen bereits Probleme bekommen würden. Die ersten verfügbaren Firefox-Handys, das Alcatel One Touch Fire und das ZTE One, haben gerade einmal 256 Gigabyte Arbeitsspeicher und recht langsam getaktete Prozessoren mit nur einem Kern. Und selbst die vom spanischen Hersteller Geeksphone angekündigten Firefox-Entwickler-Phones Keon und Peak gehen kaum über Mittelklasse-Ansprüche hinaus.

Multitasking steht bei Entwickler Canonical im Vordergrund. Bei der Bedienung des mobilen Ubuntu läuft viel über die Displayränder, erklärt Oren Horev, Chefdesigner für den Bereich User Experience. Über den linken Rand holt man sich etwa den App-Launcher ins Bild, über den rechten die sogenannte Side Stage, in der parallel eine zweite App gestartet werden kann. „So kann man zum Beispiel Nachrichten checken, während ein Film läuft“, sagt Horev. Vom oberen Bildrand gewischt, erscheint ein Einstellungsbereich mit einer Volltextsuche nach Funktionen.

Auch Tizen ist eine freie Software in Entwicklung, die Web-Apps unterstützt. Daneben gibt es noch Sailfish OS, das Entwickler Jolla an Hersteller und Netzbetreiber lizenzieren will und auf dem sich auch Android-Apps installieren lassen sollen. Blackberry versucht es indes weiterhin mit dem Konzept von Smartphone und OS aus einer Hand.

„Die Trennung von Hard- und Software beschleunigt die Innovation“, sagt Dirk Riehle, Professor für Open-Source-Software an der Universität Erlangen-Nürnberg. Auf dem Markt sind bisher aber eher geschlossene System wie Apples Kombination aus iOS und App Store erfolgreich. Und auch Android sei trotz seines Linux-Kerns ein sehr abgeschlossenes System, bei dem Google viele gut funktionierende Internetdienste als Stärke ausspielt, sagt Riehle: „Für Endanwender ist immer der Wert des Gesamtpaketes ausschlaggebend.“ Und viel Mehrwert entstehe erst durch Apps. Es sei daher schwierig, die Zukunft der Open-Source-Betriebssysteme vorherzusagen.