Mögliche Auslieferung Dormagener unter Mordverdacht

Dormagen/Leeuwarden. · Der Geschäftsmann ist verdächtig, am Mord an einem Niederländer mitgewirkt zu haben.

Polizisten bei der Suche nach Spuren an der Fundstelle.

Foto: Leeuwarder Courant/Arodi Buitenwerf

Im niederländischen Westfriesland wurde im Juli 2017 der 37 Jahre alte Tjeerd V. ermordet auf einer Wiese gefunden. Als Hauptverdächtige galt lange die deutsche Ehefrau (33), die seit Dezember 2017 in Untersuchungshaft in Zwolle sitzt. Nachdem für kurze Zeit auch deren Mutter festgenommen worden war, gibt es jetzt eine neue Entwicklung: Der Ex-Freund der Verdächtigen soll nicht nur an dem Mord beteiligt gewesen sein, sondern ihn auch ausgeführt haben. Am 17. Januar wurde der 34-Jährige in Dormagen festgenommen. Die niederländische Staatsanwaltschaft in Groningen hat die Auslieferung beantragt. Laut einem Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft in Düsseldorf hat der Festgenommene einer Auslieferung nicht zugestimmt. Nun muss das Oberlandesgericht darüber befinden. „Das kann ein bis drei Monate dauern“, so der Sprecher.

Der Fall der Reihe nach: Der Niederländer Tjeerd V. war in der Nacht vom 8. auf den 9. Juli 2017 ermordet worden. Ein Spaziergänger entdeckte die Leiche auf einer Wiese nahe einer Straße. Das Opfer hatte zuvor ein Musikfestival in der Nähe besucht. Die örtliche Polizei ging zunächst davon aus, dass Tjeerd V. von einem Auto angefahren worden war. Die Suche konzentrierte sich zunächst auf ein blaues Fahrzeug. Eine Spur, die letztlich nicht „heiß“ war, denn: Der Niederländer wies schwerste Verletzungen am Kopf auf. Die Ermittler gingen davon aus, dass er erschlagen wurde. In den Wochen danach waren 25 Polizisten damit befasst, Zeugen zu suchen. Es schien zunächst hoffnungslos. Im Dezember 2017 dann die Wende: Mehr als fünf Monate nach dem Mord wurde die Ehefrau festgenommen. In ihrem Auto waren identische Farbpartikel gefunden worden wie an Schädel und Nase der Leiche. Die Festgenommene bestreitet bis heute, etwas mit der Tat zu tun zu haben.

Der Dormagener hatte ein falsches Alibi angegeben

Als mögliches Motiv nehmen niederländische Staatsanwaltschaft und Polizei die schlechte Ehe der beiden und Geld an: „Die Scheidung war finanziell schwierig und es gab eine Lebensversicherung von 600 000 Euro“, wird die Staatsanwaltschaft in der Tageszeitung Leeuwarder Courant zitiert. Die Behörde habe auch festgestellt, dass die Ehefrau auf ihrem deutschen Mobiltelefon Suchwörter wie „Insulin trinken“ und „novorapid“ (ein Insulinmittel) eingegeben hatte.

Im Frühjahr vergangenen Jahres entwickelte sich der Fall in eine andere Richtung: Die Staatsanwaltschaft ging plötzlich davon aus, dass die Beschuldigte nicht allein war: „Hilfe ist möglich“, sagte Staatsanwalt Henk Mous während einer öffentlichen Anhörung. Über Telefondaten wurde rekonstruiert, dass Tjeerd V. und seine Frau, die ihn nach dem Festival abholen sollte, zum Tatzeitpunkt in einem Abstand von maximal 24 Metern voneinander entfernt gewesen sein sollen. Zudem haben forensische Untersuchungen ergeben, dass das Opfer und seine Frau Sex hatten. Möglicherweise auf der Wiese. Dies sei am Morgen der Fall gewesen, so die Beschuldigte. „Ich werde wie ein Gauner behandelt, aber ich weiß, dass ich meinen Mann nicht getötet habe“, rief sie in der Sitzung.

Im August wurde mitten in einer weiteren Sitzung ihre Mutter (55) festgenommen, wegen des Verdachts der Mitschuld an der gemeinsamen Ermordung. Es habe verdächtige Telefongespräche gegeben, so die Staatsanwaltschaft. Die Mutter wurde drei Tage später wieder auf freien Fuß gesetzt, gilt aber noch als verdächtig. Die Situation für ihre Tochter verschärfte sich. Eine Mitgefangene teilte der Polizei vergangenen Dezember mit, die Witwe habe ihr gegenüber erklärt, dass sie mit ihrem Ex-Freund an der Ermordung von Tjeerd V. beteiligt gewesen sei. Für den Verteidiger „Klatsch aus der Küchenabteilung des Gefängnisses“.

Dem Dormagener auf die Spur gekommen, stellte die Polizei fest, dass er ein falsches Alibi angegeben hatte: Er war nämlich nicht, wie behauptet, zum Tatzeitpunkt auf einer Hochzeit – sie hatte sechs Wochen zuvor stattgefunden. Ferner stellten die Beamten nach Auswertungen von Handydaten fest, dass der Verdächtige und die 33-Jährige offenbar eine Affäre hatten. Die Staatsanwaltschaft in Leeuwarden hält aktuell folgendes Szenario für möglich: Die Beschuldigte lotste ihren Mann in jener Nacht zu der Wiese, hatte mit ihm Sex und danach wurde Tjeerd V. mit einem Gegenstand von dem Dormagener getötet. Am 9. und 10. April wird der Fall vor Gericht verhandelt.