„Aleph“: Paulo Coelho auf Sinnsuche
Düsseldorf (dpa) - Eigentlich hat der Mann alles, um glücklich zu sein: Er ist ein weltberühmter und erfolgreicher Autor, seit über 20 Jahren mit seiner Frau glücklich verheiratet und reist durch die Weltgeschichte - doch er ist frustriert.
In seinem soeben erschienen Buch „Aleph“ schreibt der brasilianische Bestsellerautor Paulo Coelho (64) über einen 59 Jahre alten Schriftsteller, der in einer Sinnkrise steckt. Dabei ist „Aleph“ ein sehr persönliches Buch, denn Coelhos neuestes Werk trägt autobiografische Züge. Dem Web-Magazin des Schweizer Diogenes Verlags sagte Coelho: „Aleph steht für eine Wende in meinem Leben, es ist ein ganz besonderes Buch für mich.“
Aus der Ich-Perspektive erzählt der Protagonist in Coelhos „Aleph“, dass er den Zugang zu sich und seiner Spiritualität verloren habe. Seine täglichen meditativen Übungen helfen ihm nicht mehr weiter. Auf die Fragen, die er stellt, erhält er keine Antworten. Er steckt fest.
Sein Freund und Mentor J. rät ihm loszuziehen, zu reisen, und zwar zu sich selbst. „Unzufrieden lässt uns Gott nur aus einem Grund werden, man muss sich wieder auf den Weg machen“, sagt der Freund. Grund für die Unzufriedenheit sei die Routine im eigenen Leben.
Zunächst versteht der Romanheld nicht, was sein Freund meint. Doch dann beschließt er loszuziehen und zu wachsen. „Unser Leben ist eine einzige Reise, vom Leben bis zum Tod.“ Er will sich einen Lebenstraum erfüllen. Mit der Transsibirischen Bahn reist er von Moskau nach Wladiwostok - und macht eine folgenreiche Begegnung: Er trifft auf die 21 Jahre alte Hilal, eine türkische Geigenvirtuosin. Hilal ist sicher, dass die beiden sich aus einem früheren Leben kennen. Dem Schriftsteller bleibt nichts anderes übrig, als sie auf die Reise mitzunehmen.
Im Zug treten sie zufällig gemeinsam ins „Aleph“ - das ist ein Paralleluniversum, in dem Zeit und Raum zusammenfallen. Vergangenheit, Gegenwart und die Zukunft befinden sich hier im Kreislauf. Der Autor landet im spanischen Córdoba des 15. Jahrhunderts und erkennt, dass Hilal der Schlüssel für seine Erlösung ist.
Wie in früheren Werken Coelhos, wie „Der Alchimist“ (1988) oder „Zahir“ (2005), geht es auch in „Aleph“ um Sinnsuche sowie die Suche nach sich selbst. Es geht darum, sich nicht verunsichern zu lassen und „die Zeichen des Lebens zu deuten“, wie Coelho es in seinem Buch sagt.
Doch die Beschreibungen, wie die Hauptfigur in eine Parallelwelt eintaucht und sich dort bewegt, wirken befremdlich. Zumal Coelho im ganzen Buch den Eindruck erweckt, dass er von sich selber spricht. So scheint es für ihn das Normalste auf der Welt zu sein, zwischen Raum und Zeit sowie verschiedenen Dimensionen hin- und herzureisen.
Das wirkt etwas sonderbar, insbesondere, als Coelho am Ende des Buches seine Leser davor warnt, ins „Aleph“ zu steigen: „Wie ich bereits erwähnte, kann eine Rückkehr in die Vergangenheit ohne Kenntnis des Verfahrens dramatische und unheilvolle Konsequenzen haben.“ Es stellt sich die Frage, wie ernst er das meint.
Doch für alle Coelho-Fans dürfte sich auch sein jüngstes Buch in die Reihe seiner tröstlichen Werke einreihen. Denn Coelho sagt: Leben bedeutet, gewohnte Pfade zu verlassen, sich immer wieder auf den Weg zu machen und sich neu zu entdecken.
Paulo Coelho: „Aleph“, Diogenes Verlag, 309 Seiten, ISBN 978-3257068108, 19,90 Euro