Buchmesse im Wandel - Ehrengast Brasilien
Frankfurt/Main (dpa) - Am Dienstag (8.10.) wird die Frankfurter Buchmesse eröffnet. Mit 7100 Ausstellern aus 100 Ländern ist die Zahl der Aussteller in diesem Jahr etwas kleiner als im Vorjahr.
250 000 bis 300 000 Besucher werden an den fünf Messe-Tagen (9. bis 13. Oktober) erwartet. Sie haben die Wahl zwischen 3100 Veranstaltungen. 1500 Autoren werden nach Angaben der Organisatoren zur Messe kommen. Vielleicht ist darunter auch der Literaturnobelpreisträger des Jahres 2013 - der Name könnte am Messe-Donnerstag bekanntgegeben werden.
Eines der großen Themen ist in diesem Jahr Self-Publishing. Noch vor wenigen Jahren rümpfte die Branche die Nase über Autoren, die ihre Texte ohne Verlag, Lektorat und ISBN-Nummer publizierten - und nicht selten sogar noch dafür bezahlten. Heute beeinflussen das Geschäftsmodell und die Kultur dieser Plattformen auch das klassische Verlagsgeschäft. „Vor drei Jahren war das Thema noch nicht existent“, sagt Buchmessen-Direktor Juergen Boos, „heute widmen wir ihm auf der Messe 50 Veranstaltungen“.
Seit Jahren treibt das Thema Digitalisierung die Buchmesse um: Online-Buchhandel, E-Books - all das ist nicht mehr wegzudenken. In diesem Jahr haben die Organisatoren die vielen kleinen Start-Ups in diesem Feld als neue Zielgruppe erkannt. Es herrsche „eine neue Gründerzeit“, sagte Boos. Einer von ihnen ist der rotbeschopfte Blogger Sascha Lobo. Er bastelt gerade an „Sobooks“, „einer Autoren- und Verlagsplattform für die Zukunft des Buchstabenverkaufs“.
Ralph Möllers hat „Flipintu“ erfunden, ein individualisiertes Online-Magazin, das - je nach persönlichem Interesse - Buchtipps, Leseproben, Kritiken und Lektürelisten Gleichgesinnter aus dem Internet fischt. Wenn es der Buchbranche nicht gelingt, die Netzgemeinde „auf Augenhöhe“ anzusprechen, warnt Möllers, dann droht ihr das gleiche Schicksal wie der Musikindustrie.
Nur wenige international bekannte Autoren stehen auf der Gästeliste - Kultautor T.C. Boyle zum Beispiel ist zwar in Deutschland, kommt aber nicht nach Frankfurt. Für deutschsprachige Schriftsteller ist die Messe nahezu eine Pflichtveranstaltung: Daniel Kehlmann und Andreas Maier sind da, Rüdiger Safranski und Martin Walser. Leon de Winter kommt aus den Niederlanden, Jussi Adler-Olsen aus Dänemark, Per Olov Enquist aus Schweden.
Auch das bunte Spektrum ist breit vertreten mit Sportlern wie Boris Becker und Dragoslav Stepanovic, Sternchen wie Daniela Katzenberger und Uschi Obermaier und Musikern wie Sven Regener und Wolfgang Niedecken. Weniger im Scheinwerferlicht stehen die Sachbuchautoren, die aber ebenso prominent vertreten sind, etwa mit dem Historiker Christopher Clark.
Aus Brasilien reisen Luiz Ruffato und Andréa del Fuego an, nicht aber Erfolgsautor Paulo Coelho. Das Gastland der diesjährigen Buchmesse ist mit 90 Autoren in Frankfurt vertreten. 260 Neuerscheinungen aus und über Brasilien werden auf der Messe präsentiert, davon 117 belletristische Titel. Neben dem Ehrengast-Pavillon ist die vielfältige Literatur dieses Landes auch auf einem 700-Quadratmeter-Stand in der Auslandshalle zu entdecken.
Das Agentenzentrum sei so groß wie nie, sagte Messesprecherin Katja Böhne. 627 Agenten aus 30 Ländern kämpfen auf der Messe um die Rechte an den Büchern von morgen. Die Halle für die Literatur-Agenten
sei „der Maschinenraum der Buchmesse“, sagt Riky Stock, Direktorin des German Book Office in New York. Die meisten ihrer Kollegen haben an jedem Messetag weit mehr als ein Dutzend Termine im Kalender stehen.
„Welche Trends gibt es in diesem Jahr?“ hatte Messesprecherin Böhne die Rechtehändler vor ein paar Wochen gefragt - und musste ein weiteres englisches Schlagwort lernen: „new adult“. Gemeint sind Jugendromane mit Sex im Stil von „50 Shades of Grey“. Nachahmer-Titel, die auf dieser Welle ritten, seien heiß begehrt.
Der Schwerpunkt Kinder- und Jugendbuch wurde weiter ausgebaut - erstmals gibt es auch einen eigenen Veranstaltungsraum. Mehr Gewicht legt die Messe in diesem Jahr auf „das wertvolle Buch“, das mit künstlerischer Gestaltung und hochwertigen Materialien ein Gegengewicht zur Digitalisierung von Inhalten bildet.
Wichtige Auszeichnungen flankieren die Buchmesse: Vor der Messe-Eröffnung (7. Oktober) erhält einer der sechs Autoren auf der „Shortlist“ den Deutschen Buchpreis. Zum Abschluss (13. Oktober) wird die weißrussische Schriftstellerin Swetlana Alexijewitsch („Secondhand-Zeit“) mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels geehrt. Beim Hessischen Film- und Kinopreis (11. Oktober) bekommt „The Attack“ den mit 10 000 Euro dotierten Preis der Frankfurter Buchmesse für die beste internationale Literaturverfilmung. Der Film basiert auf dem Roman „Die Attentäterin“ von Yasmina Khadra.