Büchner-Preis für Sibylle Lewitscharoff
Darmstadt (dpa) - Die Schriftstellerin Sibylle Lewitscharoff erhält die wichtigste Auszeichnung für deutschsprachige Autoren, den Georg-Büchner-Preis.
In ihren Romanen erkunde sie „mit unerschöpflicher Beobachtungsenergie, erzählerischer Phantasie und sprachlicher Erfindungskraft die Grenzen dessen, was wir für unsere alltägliche Wirklichkeit halten“, begründete die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt am Dienstag ihre Entscheidung.
Die 59-Jährige bereichere die Literatur „mit erfrischend unfeierlichem Spielwitz“, behandle in ihren Werken aber auch philosophische und religiöse Grundfragen. Der Preis ist mit 50 000 Euro dotiert, er wird am 26. Oktober 2013 im hessischen Darmstadt verliehen.
Lewitscharoff wurde in Stuttgart geboren, heute lebt sie in Berlin. Derzeit wohnt sie als Stipendiatin der Villa Massimo in Rom. Dort erfuhr sie bereits am Sonntag von der bedeutenden Ehrung, wie die 59-Jährige der Nachrichtenagentur dpa sagte: „Wir haben Freudentänze aufgeführt.“
Lewitscharoff, studierte Religionswissenschaftlerin, begann erst spät zu veröffentlichen - nach einer schweren Krankheit. Ihr erstes Buch „36 Gerechte“ erschien 1994. Für „Pong“ erhielt sie 1998 den Ingeborg-Bachmann-Preis. Weitere Titel sind „Der höfliche Harald“ (1999), „Montgomery“ (2003), „Consummatus“ (2006), „Apostoloff“ (2009) und „Blumenberg“ (2011), mit dem sie auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis stand.
Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) würdigte Lewitscharoff als eine der wichtigsten und originellsten Stimmen der deutschsprachigen Literatur. „Ihr pointierter Stil paart sich mit minutiöser Beobachtungsgabe.“ Für Literaturkritiker Denis Scheck hat die Akademie „genau die Richtige ausgezeichnet zum richtigen Zeitpunkt“. Sie sei eine großartige Autorin, er habe noch nie eine langweilige Stunde mit ihren Büchern verbracht.
Für ihr Werk wurde Lewitscharoff bereits vielfach geehrt. Nach dem Bachmann-Preis wurden ihr auch der Preis der Leipziger Buchmesse, der Berliner Literaturpreis, der Kleist-Preis und der Ricarda-Huch-Preis zuerkannt. „Ich fühle mich wie eine kleine, tapfere Schriftstellerin im Literatur-Kanon“, kommentierte die 59-Jährige nun die erneute Auszeichnung. „Es gibt kühnere Autoren, als ich es bin.“
Mit dem politisch engagierten Namensgeber der Auszeichnung hat sie wenig im Sinn. „Er ist eine ehrenwerte Figur, ich stehe aber nicht in der Tradition Büchners, er ist mir zu fremd“, sagte sie der dpa. Der Namensgeber der Auszeichnung war deutscher Revolutionär und Dramatiker („Dantons Tod“, „Woyzeck“). Der wegweisende Autor des 19.
Jahrhunderts starb mit nur 23 Jahren am 19. Februar 1837 im Exil in
Zürich an Typhus.
Den Büchner-Preis erhielten die renommiertesten Autoren der
deutschsprachigen Literatur wie Gottfried Benn (1951), Erich Kästner
(1957), Günter Grass (1965), Heinrich Böll (1967) und Friedrich
Dürrenmatt (1986). Im vergangenen Jahr wurde Felicitas Hoppe ausgezeichnet.
Aktuell arbeitet Lewitscharoff an einem Kriminalroman. Dieser stecke aber noch in den Kinderschuhen, berichtete die Autorin. Sie wolle nur so viel verraten: „Es geht um einen deutschen Kommissar, der in der Welt herumkommt.“ Außerdem soll im Herbst die Fortsetzung des Romans „Pong“ auf den Markt kommen.