Die Demokratisierung der Kritik
Die Meinungen von Lesern und Kunden werden immer wichtiger, sagt Autorin und Buchhändlerin Anna Rokosz.
Frankfurt. Das Internet — ein Medium, mit dem sich die traditionelle Buchkritik nie recht anfreunden konnte — hat eine „Demokratisierung der Literaturkritik“ eingeläutet, glaubt Anna Rokosz. Die Philologin und Buchhändlerin hat ein Buch geschrieben über „Literaturkritik zwischen Bestsellerlisten und Laienrezensionen“. Ihre These: „Das Diktieren des Geschmacks von oben“ gehöre der Vergangenheit an.
Frau Rokosz, wie wichtig sind mit einem hohen Anspruch an den Text geschriebene Rezensionen heute noch?
Anna Rokosz: Diese Rezensionen sind sicherlich weiterhin wichtig und werden auch nicht völlig verschwinden. Jedoch üben sie auf den Leser nicht mehr einen ganz so großen Einfluss aus wie früher und treten zunehmend mit anderen Formen der Rezensionen in Konkurrenz.
Welche Rolle spielen TV-Formate heute noch?
Rokosz: Große TV-Formate, die sich mit Literaturkritik beschäftigen, werden auch weiterhin ihr Publikum haben. Beispielsweise wird ja auch ein erfahrener Kritiker wie Denis Scheck von vielen Menschen gesehen. Allerdings gewinnt, wie in vielen Bereichen, das Internet auch bei der Literaturkritik an Bedeutung.
Welche neuen Formate haben sich inzwischen etabliert?
Rokosz: Meiner Meinung nach werden Formate wie Kundenrezensionen im Internet für den Buchmarkt immer wichtiger. Auch Literaturblogs erfreuen sich zunehmend immer größerer Beliebtheit. Die Verkaufszahlen von Smartphones nehmen immer mehr zu, so dass nun eine Vielzahl von Menschen auch von unterwegs permanent auf Kaufempfehlungen und Literaturkritik zugreifen kann. Auf diese Weise sind Rezensionen leicht und kostengünstig zu erhalten, und man hat die Möglichkeit, seinen eigenen Kommentar zu dem Buch hinzuzufügen.
Sind Laien-Rezensionen inzwischen einflussreicher als die Texte der Berufs-Kritiker?
Roskosz: Ich glaube, dass tendenziell Laien-Rezensionen für den erfolgreichen Verkauf eines Buches immer mehr an Bedeutung zunehmen, selbstverständlich ist es aber auch weiterhin wichtig für ein Buch, eine gute Bewertung aus der Fachpresse zu erhalten.