„Jeder stirbt für sich allein“ Fallada-Konferenz in Carwitz
Carwitz (dpa) - 100 Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkriegs sind Krieg und Literatur Thema der diesjährigen Hans-Fallada-Konferenz in Carwitz (Mecklenburgische Seenplatte). Es gehe um Literatur im Krieg und Literatur über den Krieg, sagte die Vorsitzende der Hans-Fallada-Gesellschaft, die Germanistin Patricia Fritsch-Lange, zum Auftakt am Mittwoch.
Die Fallada-Gesellschaft habe sich den Auftrag gegeben, die Erbepflege wissenschaftlich zu betreiben und der Forschung zu dem Schriftsteller Rudolf Ditzen (1893-1947), der sich Fallada nannte, ein Forum zu geben. Sie veranstaltet in längeren Abständen Konferenzen zu Themen, die auch im literarischen Schaffen Falladas eine Rolle spielen. Diesmal geht es um Kriegserfahrungen und literarische Formen im 20. Jahrhundert, wie in seinem Roman „Jeder stirbt für sich allein“ (1946).
Die zweitägige Konferenz findet im Fallada-Museum auf dem einstigen Anwesen des Autors statt, dessen 125. Geburtstag am Samstag begangen wird. In dem Ort bei Feldberg lebte die Familie Ditzen während der Zeit des Nationalsozialismus. Auf der Konferenz sprechen fast 20 Referenten aus Deutschland und Polen. Die Themen reichen von Stalingradromanen und Kriegstagebüchern über die Kriegsdarstellungen in der Fotografie als einer Waffe „gegen die Wahrheit“ bis hin zu den Feldpostbriefen der „kleinen Leute“, die durch den Krieg zu „Vielschreibern“ wurden.
Wie Fritsch-Lange sagte, war Falladas Werk für die Literaturwissenschaft lange kein Forschungsgegenstand, es galt als Unterhaltungsliteratur. Erst seit Ende der 1980-er Jahre werde er von der Wissenschaft als Autor der neuen Sachlichkeit wahrgenommen, einer Kunstrichtung der 1920-er und 30-er Jahre. Ausschlaggebend dafür sei die Beschreibung des Alltags einfacher Menschen gewesen, etwa in dem Roman „Kleiner Mann - was nun?“ (1932).
Zu der Konferenz wird eine Ausstellung mit Feldpostbriefen und Kriegsfotos von Falladas jüngerem Bruder Ulrich Ditzen (1896-1918) gezeigt, der als 17-Jähriger in den Krieg zog. Es seien mehr als 500 Briefe an die Familie und fast 300 Fotos erhalten, sagte Fritsch-Lange. Soldaten hätten Millionen von Feldpostbriefen verschickt. Das sei fast die einzige Möglichkeit gewesen, die Verbindung nach Hause aufrechtzuerhalten. Am Abend war eine Lesung aus Feldpostbriefen von Ulrich Ditzen mit dem Schauspieler Michael Goralczyk geplant. Die Fallada-Konferenz sowie die beiden Abendveranstaltungen sind öffentlich. Am Wochenende schließen sich die jährlichen Fallada-Tage an.