Gelungen – bis auf dies und das
Claus Christian Malzahns Bilanz der Einheit fällt positiv aus.
Düsseldorf. Wie der Großmutter von Claus Christian Malzahn die Vereinigung der beiden deutschen Staaten gefallen hätte, lässt sich nur vermuten - sie starb im Jahr der Einheit, wenige Wochen vor dem 3.Oktober 1990. Der Autor spekuliert und kommt zu dem Schluss: "Das neue Deutschland hätte ihr ganz gut gefallen - bis auf dies und das."
Auf den folgenden 130 Seiten legt der Journalist des Springer-Verlags statt Großmutters eine eigene Bilanz der Einheit vor. Eine vorläufige, wie es im Untertitel des Büchleins heißt. Und die fällt, wahrscheinlich im Sinne der verstorbenen Oma, positiv und frohgelaunt aus. Es gebe zwar keinen Grund, sich das neue Deutschland schönzureden, schreibt Malzahn, früher bei der "taz" und beim "Spiegel". Das Ergebnis der Einheit könne sich trotz aller Fehler und Irrtümer sehen lassen.
Fest macht er dies am gestiegenen Wohlstand und Lebenserwartung im Osten, an den ehemals verseuchten Landschaften rund um Bitterfeld, die jetzt ein bisschen blühen. Auch die gut 40 Milliarden Euro, die seit dem Jahr 1991 in die "Verkehrsprojekte Deutsche Einheit" geflossen sind, müssen als Beleg für ihr Gelingen herhalten.
Ebenso die Sanierungen mit der Abrissbirne, die vielerorts Innenstädte innerhalb weniger Jahre veränderten. "Wer heute Städte wie Eisenach, Weimar, Erfurt, Jena, Leipzig oder Dresden besucht und sie mit ihrem spätsozialistischen Erscheinungsbild vergleicht, müsste eigentlich vor Ehrfurcht in die Knie gehen."
Dies mag man so sehen, überzeugend oder gar zwingend ist diese Deutung nicht. Was das Buch dennoch lesenswert macht, ist neben einer bemerkenswert präzisen Sprache die Einschätzung der Ereignisse vor 20 Jahren. Die Freiheitsbewegung einiger hundert Andersdenkender wurde innerhalb weniger Monate zu einem Massenprotest, der schließlich das Regime der DDR davonfegte. Nach Malzahns Lesart der erste deutsche Umsturz, der kein Geschenk von außen gewesen ist. Zudem scheut er nicht den Blick nach vorn: Einheit gelungen. Heute verliefen die Grenze nicht länger zwischen Ost und West, sondern zwischen Deutschen und nicht integrierten Migranten.