Heinz Strunk über seine Kindheit in Hamburg
Berlin (dpa) - Heinz Strunk hat viele Talente. Der Hamburger, der ursprünglich Mathias Halfpape hieß, ist Musiker, Comedian, Schauspieler und spätestens seit dem Buch über seine „Landjugend mit Musik“ auch ein erfolgreicher Autor.
„Fleisch ist mein Gemüse“ hat sich mehr als 400 000 Mal verkauft. Nun ist sein jüngster Roman erschienen: „Junge rettet Kind aus Teich“. Wieder spielt die Geschichte in Hamburg-Harburg, wieder geht es um die weniger schönen Seiten des Erwachsenwerdens. Kindheit sei für ihn ein Ort der Geborgenheit und der Liebe, sagte Strunk im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa. „Junge rettet Kind aus Teich“ soll aber sein letztes Buch mit stark autobiografischer Färbung sein. Das nächste widmet sich einem Serienmörder.
Ihr neuer Roman ist wieder ein Buch, das viel über Sie selbst erzählt.
Strunk: „Ja, aber irgendwie ist es das letzte, das sich mit meiner Biografie beschäftigt. Dann ist mein Leben einigermaßen auserzählt. Ich werde mich nun fiktionalen Inhalten zuwenden, falls mir das gelingt.“
Warum heißt die Hauptfigur Mathias Halfpape, so wie Sie, bevor Sie sich Heinz Strunk genannt haben?
Strunk: „Worüber dieses Buch erzählt, das hat mit Heinz Strunk noch nichts zu tun. Klar, hätte man auch andere Namen finden können, aber vom Gefühl her war es am naheliegendsten, die Hauptfigur Mathias zu nennen.“
Und warum geht es diesmal noch weiter zurück in Ihre Kindheit?
Strunk: „Die Grundidee, die am Anfang des Buches stand, war die der drei verschiedenen Tonalitäten. Es war die Idee, dass ein 6-Jähriger über andere sprachliche Möglichkeiten verfügt als ein 10- und ein 14-Jähriger und trotzdem kenntlich sein muss, dass es ein und derselbe ist. Das war das Experiment, am Beginn stand die Form.“
Das Buch erscheint manchmal ziemlich melancholisch.
Strunk: „Das zweite Ziel des Buches ist, die Kindheit als einen Ort der Liebe und Geborgenheit zu schildern und die dramatischen Ereignisse, die sich mit dem Beginn der Pubertät ankündigen. Also in meinem Fall mit dem Wechsel aufs Gymnasium und dem Einbrechen der Sexualität. Und der Erfahrung, dass die Orte der Kindheit zerstört werden und das gefühlte Unglück immer mehr zunimmt, wie der Zerfall der Großeltern und die psychische Erkrankung der Mutter, die sich ja wirklich so zugetragen haben.“
Ihre Erinnerungen an Kindheitserlebnisse sind erstaunlich genau.
Strunk: „Ich verfüge gar nicht über ein gutes Gedächtnis. Aber wenn Sie aufschreiben würden, woran Sie sich erinnern, würden Sie auch auf 50 bis 100 Stichwörter kommen. Eins heißt zum Beispiel "Steppenbrand", die Episode, als wir als Kinder ein Feld abgefackelt haben. Ich wusste nur noch, dass wir das gemacht haben und dass das damals noch möglich war, ohne dass gleich die Feuerwehr gerufen wurde. Den Rest habe ich mir ausgedacht.“
Das Buch mischt also Erinnerungen und Fiktion?
Strunk: „Ich hab' alle Erinnerungsfragmente, derer ich habhaft werden konnte, aufgeschrieben und die Lücken gefüllt mit Ausgedachtem. Die titelgebende Geschichte ist total ausgedacht, davon ist überhaupt nichts wahr.“
Manche Details müssen Sie doch recherchiert haben?
Strunk: „Ja, klar. Einiges musste ich natürlich nachrecherchieren, zum Beispiel den genauen Ablauf des WM-Finales zwischen Deutschland und den Niederlanden 1974. Wer da die Tore geschossen hat, wusste ich schon noch. Den Rest habe ich dann noch mal nachgeguckt. Aber ich habe es so aufgeschrieben, wie ich das erlebt habe. Ich war unglaublich fußballbegeistert. Die Nationalspieler waren noch echte Helden.“
Und was kommt als nächstes?
Strunk: „Ich bin jetzt 50 und habe fünf Bücher geschrieben, die sich an meiner Geschichte entlanghangeln. Jetzt ist Zeit für was Neues. Ich hab' auch schon umfangreich recherchiert und schon angefangen zu schreiben, über den Serienmörder Fritz Honka. Das Buch soll "Honkas Handschuh" heißen.“