Historiker Timothy Snyder: „Holocaust nicht einzigartig“
Frankfurt/Main (dpa) - Der auf Osteuropa spezialisierte US-Historiker Timothy Snyder hält den Holocaust nicht für „singulär“. Wer den Holocaust für einzigartig und damit nicht wiederholbar erkläre, könne nicht aus der Geschichte lernen, sagte Snyder am Freitag auf der Frankfurter Buchmesse.
Aus Sicht von Snyder, der als Professor an der Elitehochschule Yale arbeitet, ist der Massenmord an den Juden durch die Nationalsozialisten „ohne vorhergehendes Beispiel“ gewesen.
Nach seinem preisgekrönten Buch „Bloodlands“, in dem er die Verbrechen Hitlers und Stalins in einen Zusammenhang brachte, war am Freitag der Start für Snyders neuen Band „Black Earth“ (Verlag C.H. Beck) in mehreren europäischen Ländern. Deutsche Historiker haben sich in den vergangenen Tagen zum Buch sehr kritisch geäußert, da Snyder eine Wiederholung des Holocaust für möglich hält.
Nach Ansicht des US-Historikers müssen dafür bestimmte Bedingungen zusammenkommen. Eine dafür sei die Zerstörung der staatlichen Strukturen von Ländern. Die Judenvernichtung erklärt Snyder vor allem mit den von den Nazis zerstörten Strukturen im damaligen Osteuropa, die auch eine Kollaboration der lokalen Bevölkerung ermöglicht habe. Wenn außerdem noch ökologische Katastrophen hinzukämen gepaart mit dem aggressiven Verhalten von Staaten, könne es zu einem erneuten Ausbruch von Massengewalt kommen.