Romancier und Erzähler Irischer Schriftsteller William Trevor gestorben

London (dpa) - Erst kürzlich war er im Gespräch für den Literatur-Nobelpreis. Wieder einmal. Es wäre eine späte Ehrung gewesen für William Trevor.

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Seit längerem schon galt er als eine Art „Elder Statesman“ der irischen Literatur, seine Karriere hatte der gefeierte Romancier und Kurzgeschichten-Autor bereits vor Jahren beendet. Jetzt ist er im Alter von 88 Jahren gestorben - einer der Großen der britischen Gegenwartsliteratur war er allemal.

Einen bescheidenen und zurückgezogenen Mann nannte ihn der Penguin-Verlag am Montag. Ein Mann, „der es nicht mochte, über seine Werke zu reden“, der seit vielen Jahren in einem abgelegenen Haus in England lebte, aber seine Heimat regelmäßig besuchte, so sein Verleger.

Und noch eine Besonderheit hatte Trevor vorzuweisen: Bevor er zu einem der bedeutendsten Romanciers des englischen Sprachraums wurde, arbeitete er 15 Jahre lang als Bildhauer. Die Reduktion, das „Herausschnitzen“ war typisch für den Entstehungsprozess seiner Texte. „Ich produziere für jede meiner Kurzgeschichten, für jeden meiner Romane eine Unmenge von Text, aus der ich die Erzählung dann herausschneide. Und zwar wortwörtlich, mit der Schere“, sagte er einmal der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.

Seine Heimat hat der „Meister der Andeutung“ schon vor langer Zeit verlassen, bereits in den 1950er Jahren wanderte Trevor aus Irland nach England aus. „Nicht weil ich wollte oder weil andere Orte mich angezogen haben“, wie er schon vor längerer Zeit sagte. „Es waren sehr schwere Zeiten. Ich hätte nicht mal eine kleine Familie ernähren können, wenn ich nicht eine Arbeit angenommen hätte, die ich nicht wollte. Ich wollte schreiben.“

Dennoch lässt sich sein Werk als großes Irland-Porträt lesen, seine Leser sehen ihn als irischen Autor, und auch er selber beschrieb sich so. „Ich hätte die gleichen Romane und Kurzgeschichten schreiben können, wenn ich Irland nie verlassen hätte. Aber nicht über Irland. Ich hätte sie über Frankreich geschrieben, über England.“

Trevor, der Patricia Highsmith als ein Vorbild nannte, veröffentlichte neben seinen Romanen weit über einhundert Kurzgeschichten. Diese kurzen Erzählungen seien das, was er eigentlich am besten könne, sagte er noch vergangenes Jahr. „Kurzgeschichten sind, was ich liebe.“

Trevors Prosa kreist vor allem um melancholische Außenseiter, Gescheiterte und Scheiternde. So treibt eine peinigende Seelennot die schwangere Felicia in dem Psychothriller „Felicias Reise“ (1994) in die Hände eines Serienmörders.

Dieses Werk brachte ihm auch den Durchbruch in Deutschland. Zu seinen bedeutendsten Romanen zählen auch „Toren des Glücks“ und „Die Geschichte der Lucy Gault“. Letzterer wurde für den Bookerpreis nominiert. Auszeichnungen erhielt der Vater zweier Söhne viele, allein dreimal den Whitbread Award, den höchstdotierten britischen Literaturpreis.

Seine melancholischen, tragischen Welten weisen in seine eigene Kindheit und Jugend. Er wurde 1928 in der Grafschaft Cork geboren und litt lange unter der stillen Feindschaft, die zwischen seinen Eltern herrschte. Diese hätten sich zwar nicht angeschrien, sagte er einmal: „Aber sie hatten keinerlei Respekt vor dem anderen.“ Er und seine beiden Geschwister seien sehr einsam gewesen. Wegen der beruflichen Position seines Vaters bei einer Bank musste die Familie ständig umziehen, von einer kleinen Stadt in die nächste.

Trevor bezeichnete sich selbst vor allem als Erzähler: „Meine Geschichten mögen immer mal wieder Aspekte des menschlichen Zustandes erhellen, aber ich nehme mir nicht bewusst vor, das zu erreichen: Ich bin ein Geschichtenerzähler.“ Mit dem 2009 erschienenen Roman „Liebe und Sommer“ beendete Trevor seine Karriere.