Kohl-Sohn Walter rechnet mit seinem Vater ab
Der Altkanzler habe den Bruch mit der Familie provoziert. In dem in dieser Woche erscheinenden Buch „Leben oder gelebt werden“ (Integral-Verlag) bündelt der 47-Jährige diese Eindrücke zu einem beklemmenden Einblick in das Privatleben des Altkanzlers.
Berlin. Der Verlag wirbt für das Buch, es stelle eine Abrechnung mit seinem Vater, Altkanzler Helmut Kohl, dar. Der studierte Volkswirt und Historiker Walter Kohl, der heute im Ausland in der Automobilzulieferer-Branche tätig ist, hatte in wenigen Interviews Andeutungen über Probleme gemacht.
In dem in dieser Woche erscheinenden Buch „Leben oder gelebt werden“ (Integral-Verlag) bündelt der 47-Jährige diese Eindrücke zu einem beklemmenden Einblick in das Privatleben des Altkanzlers.
In einer hoch gesicherten, aber wenig behüteten Kindheit empfand Walter seinen Vater als „Gast in unserem Haus“. Kohl habe sich kaum Zeit für seinen Nachwuchs genommen.
Beeindruckt zeigte sich der damals 14-Jährige von Arbeitgeberpräsident Hanns-Martin Schleyer. Er klagte ihm gegenüber über das Leben unter Bewachung, die Isolation, die Angst vor terroristischen Angriffen. Schleyer soll ihn mit den Worten beruhigt haben: „Außerdem besteht nur eine kleine Gefahr, von Terroristen entführt zu werden.“ Walter Kohl: „Ich sollte ihn nie wiedersehen.“
„Seine wahre Familie heißt CDU, nicht Kohl“, schreibt der Sohn über den Vater. Nur selten habe dieser die Familie über die Partei gestellt.
Anders die Beziehung zur Mutter Hannelore. Die schwer Sonnenallergie-Kranke nahm sich am 5. Juli 2001 das Leben; das traf den Sohn tief: „Ich weinte und schrie — wie von Sinnen.“ Auch Walter wollte sich das Leben nehmen. Doch er bekam Skrupel.
Das Verhältnis zu seinem Vater war schon zerrüttet, als es zur Eskalation kam: Helmut Kohl heiratet Maike Richter. Weder er noch sein Bruder waren eingeladen. Beide erfuhren es durch ein Telegramm. Der Sohn interpretiert diesen Schritt als gewollten Bruch. Auf seine Frage an den Vater: „Willst du die Trennung?“ habe dieser knapp mit „Ja“ geantwortet. Das bittere Fazit: „Ich durfte kein Kohlianer mehr sein.“