„Krise und Experiment“: Ein Jahr lang Kleist

Frankfurt (Oder)/Berlin (dpa) - Ein Jahr lang Kleist: Er war zu seiner Zeit ein Außenseiter, avancierte zum Klassiker und ist heute ein ganz Moderner. Mit diesem Ansatz startet das Gedenkjahr zum 200. Todestag des Schriftstellers Heinrich von Kleist.

Am 21. November 1811 erschoss der 34-Jährige am Kleinen Wannsee in Berlin zuerst seine Partnerin Henriette Vogel und dann sich selbst. Dem Verfasser von „Der zerbrochne Krug“, „Das Käthchen von Heilbronn“ und „Michael Kohlhaas“ sind im Kleist-Jahr 2011 zahlreiche Ausstellungen, Theaterstücke und andere Veranstaltungen im In- und Ausland gewidmet.

„Kleist war ein Nomade, er hatte zahlreiche, ständig wechselnde Wohnsitze, sein Leben lang ist er gereist“, erklärt die Heinrich-von- Kleist-Gesellschaft. Sie ist neben dem Kleist-Museum in Frankfurt (Oder) - Geburtsstadt des Schriftstellers - Initiatorin des Kleist- Jahres. Kleists Leben sei von instabilen Verhältnissen geprägt gewesen, aus der „fortwährenden Krisenerfahrung“ heraus habe er seine Ideen und Lebensentwürfe entwickelt. „Das sind Themen, die jetzt sehr aktuell sind“, meint der Leiter des Kleist-Museums in Frankfurt (Oder), Wolfgang de Bruyn.

In der Grenzstadt wird mit einem Festakt am 4. März das Kleist- Jahr offiziell eröffnet. Verbunden ist dies mit dem ersten Spatenstich für den rund fünf Millionen Euro teuren Museumsneubau, der künftig mehr Platz für Mitarbeiter und Materialien bieten soll, wie de Bruyn erläutert. Bereits einen Tag zuvor soll eine achtwöchige Ausstellung mit Kleist-Handschriften in Frankfurt (Oder) beginnen. Liebhaber können der Materialität nachspüren, Papier und Faltung von Originalmanuskripten betrachten. „Dieser Seite Kleists haben sich die Forscher bisher nicht gewidmet“, sagt de Bruyn.

„Kleist: Krise und Experiment“ heißt eine Doppelausstellung vom 20. Mai an im Berliner Ephraim-Palais, zwei Tage später startet sie im Kleist-Museum. Inszeniert werden am Geburts- und am Sterbeort Leben, Werk und die Persönlichkeit des Literaten. In Berlin erwarten die Besucher nach Angaben der Kleist-Gesellschaft „Katastrophenräume zu Kleists Erfahrung als Kindersoldat, dem Untergang Preußens und dem endgültigen Selbstmord“. In Frankfurt (Oder): „Kommunikationskanäle und die daraus hervorgegangenen Medienprodukte“.

Veranstaltungen rund um Kleist sind auch in Italien, Österreich und der Schweiz geplant - zum Beispiel im schweizerischen Thun, wo er einige Zeit lebte. Im Kleist-Jahr kommen zudem neue Bücher über den Schriftsteller auf den Markt; die normalerweise nur einwöchigen Kleist-Festtage in Frankfurt (Oder) dauern vom 18. bis 30. Oktober ausnahmsweise zwei Wochen. Das Maxim Gorki Theater in Berlin will Kleists Dramen komplett vorstellen.

So viel Aufmerksamkeit wurde dem Schriftsteller zu Lebzeiten nicht zuteil. Ruhm erlangte er nicht, und schließlich setzte er seinem Leben selbst ein Ende. Im Gedenkjahr spielt auch Kleists Grab am Kleinen Wannsee in Berlin eine Rolle - es soll neu gestaltet werden.