Tränen und Ranunkeln: Abschied von Roger Willemsen
Hamburg (dpa) - „Ich möchte die Menschen glücklicher verlassen, als ich sie angetroffen habe“ - ein Wort von Roger Willemsen. Sein Freund, der Publizist Manfred Bissinger (75), zitierte es auf der emotionalen Trauerfeier, bei der Familie, Freunde und Wegbegleiter am Montag in Hamburg Abschied von dem Autor und Intellektuellen nahmen.
Willemsen - Bestsellerautor, Fernsehmoderator und einer der bekanntesten Intellektuellen Deutschlands - war am 7. Februar im Alter von 60 Jahren einer Krebserkrankung erlegen. Mehrere hundert Trauergäste kamen auf den Ohlsdorfer Friedhof. In der historischen Fritz-Schumacher-Halle fiel Licht durch farbige Glasfenster auf den schlichten hellen Sarg, der wie in einem Meer aus brennenden Kerzen, bunten Blumen und knospenden Magnolienzweigen zu ruhen schien.
Willemsens Lebensprinzip sei „die Liebe in der Wahrheit“ gewesen, sagte Bissinger. In allen Ansprachen schienen die hohen analytischen Fähigkeiten des schier unermüdlichen Intellektuellen auf, aber auch seine große Empathie, seine Gabe zu zuverlässiger Freundschaft und Liebe sowie die stets den Horizont erweiternden Begegnungen mit ihm. Was seine Bereitschaft zu punktgenauer konstruktiver Kritik durchaus eingeschlossen habe. Oft kam es am Rednerpult und in der Trauergemeinde zu Tränen und Schluchzen.
Für musikalische Begleitung sorgte im Laufe der eineinhalbstündigen Feier die Stargeigerin Isabelle Faust mit der ernst-bewegt dargebotenen Chaconne von Bach. Am Ende erklang vom Band Keith Jarretts Meditation „Blame It On My Youth“. Zur besonderen Geste geriet es, dass die Besucher sich Töpfe mit blühenden Ranunkeln vom Fuße des Sargs mit nach Hause nehmen durften - Willemsens Lieblingsblumen.
Unter den Trauergästen waren zahlreiche Prominente, darunter die Grünen-Politikerin Claudia Roth, die Schauspieler Iris Berben, Katja Riemann und Matthias Brandt sowie der Moderator Eckart von Hirschhausen. Vor der Halle stand ein kleiner Tisch vom Afghanischen Frauenverein mit drei Fotos, auf denen Willemsen als dessen Schirmherr bei seiner Arbeit in Afghanistan zu sehen war. In der Trauerannonce hatte die Familie des Verstorbenen um Spenden an den Verein gebeten worden.
Die Vorsitzende Nadia Nashir schilderte in ihrer Ansprache das leidenschaftliche Engagement Willemsens für den Bau von Brunnen und Krankenhäusern sowie für die Mädchenbildung. „Wie ein Lichtschein“ sei sein Wirken für die Menschen in Afghanistan und für die Afghanen in Deutschland gewesen, erklärte Nashir.
Der Autor und Verleger Werner Köhler erinnerte an die letzten Monate des todkranken Willemsen, der sich bereits von der Öffentlichkeit zurückgezogen hatte. Der einstige Weltreisende habe da vom Leben auch Abschied genommen, indem er noch einmal ihm wichtige Stätten besuchte, berichtete Köhler. Dazu hätten Museen gehört, ein Zoo mit den von ihm geliebten Affen und eine Fahrt nach Norwegen, um an einem Fjord zu sitzen.
Nach der Trauerfeier fand die Beisetzung im engsten Kreis statt. Willemsen hatte Ansehen vor allem mit essayistischen Reisebüchern („Die Enden der Welt“) errungen. Zuletzt landete der Autor mit seinem Buch „Das Hohe Haus“ (2014) über den Bundestag einen Bestseller. Im Fernsehen machte er sich vor allem in den 90er Jahren mit der ZDF-Talksendung „Willemsens Woche“ einen Namen.