Ursula Krechel gewinnt Buchpreis
Einzige Frau im Finale wird für Nachkriegsroman geehrt.
Frankfurt. Für ihren Nachkriegsroman „Landgericht“ hat Ursula Krechel am Montag den Deutschen Buchpreis 2012 erhalten — es ist erst der zweite Roman der 64-jährigen Autorin. „Landgericht“ sei „ein bewegender, politisch akuter, in seiner Anmutung bewundernswert kühler und moderner Roman“, urteilte die Jury.
„Ich dachte immer, ich bin eine Kurzstreckenläuferin, und merke jetzt, dass ich mit lockeren Knien auch im Marathon ankomme“, sagte Krechel kürzlich, die zuvor 13 Gedichtbände veröffentlicht hat. In ihrem jetzt ausgezeichneten Buch geht es um einen jüdischen Richter, der vor den Nazis flieht, 1947 nach Deutschland zurückkehrt und in der Heimat nie mehr heimisch wird.
Im nüchternen Chronikstil beschreibt sie brillant die Atmosphäre der frühen Nachkriegsjahre und den noch immer gärenden Antisemitismus. Sie betrachte ihr Buch auch „als persönliche Wiedergutmachung an den Opfern“, sagte Krechel am Montag.
Vorbild für die Figur sei ein Jurist, von dem sie bei Recherchen für ihren ersten Flüchtlings-Roman ein Gutachten in die Hand bekommen habe: „Es war schneidend intelligent, hart in der Sache. Ich merkte: Dieser Mann ist ein Kämpfer, der will etwas. Das hat mich fasziniert.“
Biss musste auch diese zierliche Frau haben. 1947 als Tochter eines Psychologen in Trier geboren, arbeitete sie während des Studiums als Journalistin. Nach der Promotion war sie von 1969 bis 1972 Dramaturgin in Dortmund, dann wagte sie den Schritt zur freien Schriftstellerin.
„Für mich war das Schreiben ein Weg ins Offene, ins Freie — eine Trennung von bestimmten bürgerlichen Vorstellungen“, sagt die Autorin, die mit ihrem Mann in Berlin lebt. Lange engagiert sie sich auch praktisch in der Frauenbewegung, später greift sie in Gedichten, Hörspielen und Essays auch andere gesellschaftliche Themen auf.
Im Finale des Buchpreises setzte sie sich gegen Wolfgang Herrndorf, Ernst Augustin, Clemens J. Setz, Stephan Thome und Ulf Erdmann Ziegler durch. Der Deutsche Buchpreis gilt als di9e Auszeichnung mit der größten Publikumswirkung im deutschen Literaturbetrieb. Vorjahressieger Eugen Ruge stand mit seiner DDR-Saga „In Zeiten des abnehmenden Lichts“ monatelang auf den Bestsellerlisten.