Von der grauen Maus zum Rap-Star: Massiv blickt zurück
Wiesbaden (dpa) - Muskelbepackt, tätowiert und glatzköpfig - Wasiem Massiv Taha sieht furchteinflößend aus.
Der Berliner Gangster-Rapper hat es mit wuchtigen Beats und rauen Tönen an die Spitze des deutschen Raps geschafft. Sein aktuelles Album „Solange mein Herz schlägt“ erreichte im Oktober 2012 immerhin Platz 18 der deutschen Album-Charts. Im Verlag Bastei Lübbe hat der 30-Jährige nun zusammen mit der Schriftstellerin Mariam Noori seine Autobiografie veröffentlicht. In überraschend schönen, manchmal gar poetischen Worten erzählt er auf 349 Seiten seinen Weg vom Außenseiter aus dem rheinland-pfälzischen Pirmasens zum gefeierten Berliner Rap-Star.
Massivs Kindheit und Jugend ist von Unterdrückung und Selbstzweifel geprägt. Das erste Drittel der Autobiografie ist eine lange Liste schwerer Demütigungen, darunter Vergewaltigung, anhaltende rassistische Ablehnung und immer wieder Schläge. Eindringlich schildert er seinen ungeliebten Vater, einen eingewanderten Palästinenser, der die Familie terrorisiert und den Sohn verachtet. Diese Passagen sind bewegend erzählt. Sie geben Einblick in den Alltag einer Einwandererfamilie, die sich in der fremden Kultur schwertut und versucht Würde zu bewahren.
Den schweren und teils kriminellen Jugendtagen zum Trotz verläuft der Aufstieg zum gefeierten Musikstar rasant. Mit Anfang zwanzig entdeckt Massiv sein Talent. Durch Zufall rappt er vor in Deutschland stationierten US-Soldaten, die sein Talent und seine Ähnlichkeit zum US-Rapper LL Cool J feiern. Motiviert beschließt Massiv, auch Rapper zu werden. Wenig später wird er in Berlin entdeckt. Er bekommt einen Viertel-Million-Dollar-Vertrag von einer großen Plattenfirma, die Straßenjugend liebt ihn. Doch Erfolg schafft Neider. Die Berliner Unterwelt sieht in dem Neuen eine Bedrohung. Anfang 2008 wird Massiv auf offener Straße angeschossen - seinem Erfolg tut das keinen Abbruch mehr - im Gegenteil.
Massivs Autobiografie ist authentisch erzählt. Bis auf wenige Längen - an einigen Stellen schwadroniert er langatmig über seinen starken Willen - ist die Biografie flott zu lesen. Sprachlich ist das Buch harmlos und sozusagen kindgerecht geschrieben: keine Schimpfwörter, kein Sex und wenig Crime. Stattdessen beschreibt Massiv seriös seinen Aufstieg. Passagenweise wird es gar kolumnenhaft. Auf eine Warnung des Vaters hin, Geld sei ein Werk des Teufels, resümiert Massiv: „So gesehen war ich froh, dass wir kein Geld hatten, denn mit dem Teufel wollte ich nichts zu tun haben.“ Leider startet jedes Kapitel mit einem abgegriffenen Zitat einer bunten Schar berühmter Persönlichkeiten, darunter: Samuel Beckett, Marlon Brando, Seneca, Mario Adorf, Shakespeare und Christian Morgenstern.
Die Metamorphose vom moppeligen Migrantenkind zum Über-Mann wird besonders an den zahlreichen Farbfotos deutlich, die im Buch zu finden sind. Wie bei den meisten Musikerbiografien ist es schade, dass dem Buch keine CD beiliegt - allerdings sind Massivs Songtexte wesentlich rauer als sein Buch.
Wasiem Taha & Mariam Noori
Massiv - Solange mein Herz schlägt
Bastei Lübbe, Köln
349 Seiten, 16,99 Euro
ISBN 978-3785760789