Zeitschriften: Das fängt ja ganz und gar nicht gut an
Die „Zeit“ lässt ihr einstiges Hochglanz-Magazin wiederaufleben – und enttäuscht durch Biederkeit. Schon die Titelgeschichte ist ein Produkt der quälenden Beliebigkeit.
Düsseldorf. Sagen wir es gleich rundheraus: Die Idee, das 1999 um die Ecke gebrachte "Zeit"-Magazin-Kind zu neuem Leben erwecken zu wollen, wie gestern erstmals geschehen, hat sich als Schnapsidee erwiesen. Die Enttäuschung ist total. Man muss sich nur an die früher genossenen niedrigen donnerstäglichen Wonnen einer wirklich erfrischend kessen Magazin-Lippe erinnern! Alles war ja wirklich neu und frech. Und heute? Der biedere, altbacken langweilige Zeitgeist in Reinkultur, grafischer Schmusekurs. Und Thema inklusive Text der Titelgeschichte von und über den reaktivierten Günter Wallraff sind nachgerade ein Schmarren. Wer interessiert sich noch für diesen Möchtegern-Guerillero der Unternehmens- und Medienwelt! Wallraff ist, ebenso wie das Design dieses "neuen" Magazins, ein Produkt der quälenden Beliebigkeit, welche erstrebte Außergewöhnlichkeit in faktische Austauschbarkeit verwandelt. Ein echt altbackener Bastard ist diese Neuauflage, weder ein Relaunch des Alten noch etwas radikal Anderes.
Da behält der Kolumnist Harald Martenstein bitter Recht mit seiner originellen Klage über die Macht der Artdirektoren, die ja schon längst die Inhalte nicht mehr interessiert, sondern landauf, landab das jeweilige Design gewaltsam uniform auf schick hochtunen - koste es auch noch so viele schöne Martenstein-Zeichen, wie es wolle.