Zwei ausgefuchste Partner
Heinrich Heine und den Verleger Julius Campe verband eine enge Freundschaft. Christian Liedtke hat sie in Briefen aufgespürt.
Düsseldorf. Christian Liedtke, Literaturwissenschaftler am Düsseldorfer Heine-Institut, hat zusammen mit Gerhard Höhn Briefe zwischen Heinrich Heine und seinem Verleger Julius Campe herausgegeben. Sie zeugen von zwei ausgefuchsten Geschäftspartnern, die zugleich sensible Freunde waren.
Herr Liedtke, so viele Klagen über verspätete Manuskripte und hohe Honorarforderungen: Viel Freude scheint Campe mit seinem Autor Heine nicht gehabt zu haben. Wie wichtig war Heine für ihn?
Christian Liedtke: Heine war das Flaggschiff des Verlags. Davor hatte Campe nur regionale Literatur und Lehrbücher im Programm. Zwar verdiente er mit anderen Autoren später mehr Geld, aber manche kamen nur zu ihm, weil er eben Heines Verleger war.
Über Honorare wurde heftig gefeilscht. War Campe knauserig oder war Heine unverschämt in seinen Forderungen?
Liedtke: Julius Campe konnte nicht mit den Großverlagen der Zeit, wie etwa Cotta in Stuttgart, konkurrieren. Er bezahlte jedoch Heine im Rahmen seiner Möglichkeiten sehr gut, und es stimmt nicht, dass andere Autoren bei ihm mehr erhielten. Aber sicher hätte Heine bei anderen Verlagen mehr verdienen können.
Warum blieb er dann bei Hoffmann & Campe?
Liedtke: Das große Problem jener Zeit war die Zensur. Man konnte nicht einfach ein Buch drucken und verkaufen, sondern musste es erst einmal durch die Zensur bringen. Die Raffinesse und den Mut, die man dafür brauchte, hatte nur Julius Campe. Er konnte die Zensur austricksen, aber er war auch zum Kampf bereit und riskierte alles, bis hin zu Geldstrafen und Gefängnis. Darum wusste Heine genau, dass es für ihn keinen besseren Verleger gab.
Bei allem Streit wird in den Briefen oft die innige Freundschaft beschworen, ja, Campe verglich ihr Verhältnis sogar mit einer Ehe. Zugleich blieb er stets kühler Geschäftsmann, wie Heine ihm vorwarf mit dem Satz: "Der Weg von Ihrem Herzen bis zu Ihrer Tasche ist sehr weit."
Liedtke: Die Freundschaft war sicher die Basis, aber natürlich versuchten beide, ihre Interessen durchzusetzen, und zwar ganz offen. Das macht den Briefwechsel für heutige Leser so interessant: Man erfährt genau, um welche Honorare, Auflagen und Vertragsbedingungen es ging.
War diese Beziehung zwischen einem Verleger und seinem Autor ungewöhnlich für ihre Zeit?
Vita: Christian Liedtke, geboren 1964 in Hamburg, studierte Germanistik und Philosophie in Hamburg, Cincinnati (USA), Köln und Bonn.
Werk: Er ist Autor der Rowohlt Monographie "Heinrich Heine", 1997, Mitherausgeber von: Heinrich Heine " und grüßen Sie mir die Welt!" Ein Leben in Briefen, Hamburg 2005, sowie Herausgeber von: Heinrich Heine im Porträt. Wie die Künstler seiner Zeit ihn sahen. Hamburg 2006.