Der ewige Verführer in der Rentner-Variante

Ruhrfestspiele eröffnen mit John Malkovich.

Recklinghausen. Casanova ist zerknirscht. Seine in geschlechtlichen Dingen untrügliche Nase hat ihn offenbar im Stich gelassen. Doch letzten Endes erweist sich der schmale Jüngling doch als Frau — ein Suspensorium führte den Frauenverbraucher nur kurz in die Irre.

Geschlechtertausch und Identitätswechsel sind ein zentrales Thema des musikalischen Schauspiels „The Giacomo Variations“, mit dem die Ruhrfestspiele jetzt eröffnet wurden.

Auf der Basis von Casanovas (1725 — 1798) Memoiren hat Autor und Regisseur Michael Sturminger einen Plot gestrickt, der den alternden Don Juan mit seiner Vergangenheit konfrontiert. Anlass bietet ein Besuch der historisch verbürgten Elisa van der Recke, die Casanovas Lebensbeichte herausgeben möchte.

Zum Auftakt offerieren die Festspiele in Recklinghausen traditionell Produktionen mit Star-Appeal. Diesmal mit den Filmstars John Malkovich und Ingeborgha Dapkunaite („Sieben Jahre in Tibet“).

Der US-Amerikaner spielt einen abgeklärten Verführer, der sehr lässig um Elisa oder seine Bedienstete Cecile wirbt und sich über den Haushalt seines Gastgebers Graf Waldstein beklagt. Ein verrenteter Verführer, der nun Lusterfüllung im Schreiben findet. Dass Casanova auch Hochstapler, Spion und Politiker war, erfährt man nicht.

Dieses Manko, das die geschwätzigen Dialoge des englischsprachigen Stücks noch verstärken, wird kompensiert durch die Verschränkung des Plots mit musikalischen Szenen. Die Schauspieler haben in den Sängern Sophie Klußmann und Andrei Bondarenko jeweils ein singendes Alter Ego, das mit Arien aus Mozarts Da Ponte-Opern überzeugt.

Begleitet vom Orchester der Wiener Akademie unter Martin Haselböck sind es gerade diese Übergänge vom Schauspiel in die Oper, die dem Abend erst das Feld widerstreitender Gefühle eröffnen. Casanova mag sein Leben unter das Motto der Abwechslung stellen, an diesem Abend überzeugen allein die musikalischen Variationen.