Die Kunst des Universalgenies
Der dänische Maler und Bildhauer Per Kirkeby zeigt sein Lebenswerk im Kunstpalast.
Düsseldorf. Der Däne Per Kirkeby (71) gehört zu den letzten Universalgenies - als Maler, Bildhauer, Filmemacher, Architekt, Literat und Geologe.
Mehr als 250 Arbeiten sind zu sehen, Bilder aus der Zeit der Pop-Kultur bis zu farbgewaltigen Kompositionen der Gegenwart, dazu Bronzen, Lyrikbände und Buchhüllen. Wie diese unglaubliche Produktivität möglich ist? "Ich zeichne ununterbrochen", sagt Kirkeby, "aber wenn ich ein Bild anfange, weiß ich nicht, wohin es führt."
Ob er als einstiger Geologe nach der Balance der Farbschichten forsche? "Das ist mir zu formalistisch. Ich weiß einfach, was das Bild mit mir haben will." Er kalkuliert, aber er lässt auch seinem Können freien Lauf. Er könne nicht sagen, wann ein Bild beendet sei.
Seit seiner schweren Krankheit ist Kirkeby noch schmaler und einsilbiger geworden. Aber er weiß genau, vor welches Bild er sich platzieren wird, wenn er in eine Aufnahme von sich selbst einwilligt. Es ist "Die Flucht aus Ägypten".
Eine unglaubliche Farbenpracht steckt in diesem zwölf Quadratmeter großen Ölbild von 1996. Wie er das Hellrot ans satte Rot bindet, mit fetzigen Pinselstrichen das Blau dämmt, mit rotbraunen Tönen die belebte Komposition verankert - Kirkeby zeigt sich hier als großer Kolorist.
Auf die Frage nach dem Energieschub im Alterswerk antwortet nicht der Künstler, sondern sein Galerist Michael Werner, der ihn seit 1974 weltweit vertritt. "Bevor man stirbt, will man der Welt noch einmal beweisen, was in einem steckt. Deshalb wird Per immer kräftiger in den Farben."
Nach dem poppigen Präludium der 60er Jahre, wo er mit fließenden, abgeschliffenen Malflächen spielte, liebt er immer mehr die Farbenpracht. Farbe schimmert auf und beruhigt sich, ist Innen- und Außenraum, Schutzhütte und Wasserfall, Sonnenuntergang und Nocturno.
Im hohen Saal des Kunstpalastes gibt es Zwiesprache zwischen großen Panoramen und kleineren Formaten, zwischen vehementer Farbigkeit und samtigen Grüns, sonoren Brauns und lichthaltigen Gelbtönen. Immer wieder benutzt er braune Erde, um in die hellen, heiteren und leichten Sphären zu gelangen. Er ist kein Impressionist, er verwendet die gesamte Farbpalette für seinen Kosmos.
Wieso der Auftrag des verstorbenen Sammlers Karl-Heinrich Müller an ihn kam, gleich drei Kapellen zu bauen? Die Antwort ist typisch: "Ich wollte bauen und habe es ihm angeboten." Die Gebäude sind in Backstein geplant und gebaut, rechteckige Baukörper mit Giebeldach sowie hohe Kuben mit trapezförmigem Grundriss.
Auf der Museumsinsel wie im Kunstpalast sind auch Skulpturen von ihm zu sehen. Von fern erinnern sie an Rodin, doch der Schein trügt. Kirkeby sagt: "Ich bin nicht der Künstler mit dem Lehmklotz. Erst baue ich in Gips, dann wird das Material in Bronze übertragen. Das ist harte Arbeit."