Die Rockpoetin blickt zurück

Die Musikerin Patti Smith hat viele Kollegen überlebt und schreibt über ihre Anfänge.

Köln. "Geschichte einer Freundschaft" steht vorsichtshalber unter dem Titel von "Just Kids", dem auch im Deutschen beibehaltenen US-Originaltitel. Dabei hat Patti Smith, die große Rockpoetin der 70er Jahre, mit dem großen Fotografen Robert Mapplethorpe jahrelang mehr verbunden als eine Freundschaft.

Die 63-Jährige, seit einigen Jahren musikalisch und als Malerin wieder sehr aktiv, beschreibt vor allem ihren eigenen Weg bis zum Durchbruch 1975 mit "Because The Night": von der unscheinbaren Leseratte über die in der ersten Liebesnacht unfreiwillig schwanger gewordene 19-Jährige, die ihr Kind zur Adoption freigibt, bis zur Zeit als arme, aber sehr ehrgeizige Nachwuchskünstlerin im legendären New Yorker Chelsea Hotel.

Smith und der 1989 an Aids gestorbene Mapplethorpe waren ein Paar, bis er sich seine Homosexualität eingestand und als Fotograf der Rockstars berühmt wurde. Die gemeinsame Boheme-Armut in New York, Mapplethorpes Drogenkonsum, während sie sich von Drogen immer fernhielt. "Alle waren davon ausgegangen, dass ich Drogen nahm, weil ich danach aussah", schreibt sie, "aber so was mache ich nicht." Smith schildert ihren toten Ex-Geliebten mit großer Zärtlichkeit, auch wenn der sie damals für einen Mann und - nicht ganz unwichtig - reichen Mäzen verließ.

Sie hielten die enge Beziehung aufrecht, bis Mapplethorpe 1989 starb. Patti Smith überlebte ihn und viele ihrer Künstler-Freunde: Janis Joplin, Jim Morrison, der Schriftsteller Jim Carroll. 1994 ist ihr Ehemann Fred "Sonic" Smith, Gitarrist bei der Band MC5, an einem Schlaganfall gestorben. Mit ihm war die Musikerin 1980 bei Detroit aufs Land gezogen. Die gefeierte Rocksängerin bekam zwei Kinder und wurde Hausfrau: "Ich habe gekocht, Wäsche gewaschen und mich um die Kinder gekümmert. Babysitter konnten wir uns nicht leisten."

Smith ist eine gute Erzählerin. Sie spielt in einer völlig anderen Liga als die vielen Rocklegenden, die in ihren Autobiographien unbeholfen Anekdoten aneinanderreihen. Anekdotisches fehlt jedoch auch in diesem Buch nicht. Patti Smith hat als junges Ding mit Janis Joplin zusammengesessen, die heulte, weil der von ihr ausgeguckte Mann für die nächste Nacht eine andere genommen hatte. Sie hat Jimi Hendrix artig vor dessen Studio Electric Ladyland guten Tag gesagt. Und mit ihrer Frisur hat sich Smith erst an Folksängerin Joan Baez, dann an Rock-Idol Keith Richards orientiert.

Das alles liest sich für Rockfreunde aufschlussreich und lässt häufig schmunzeln. Nur manchmal wird es einem ein kleines bisschen viel, wie edel all die Maler, Lyriker, Rockpoeten nach Höherem streben.