Entlassener Intendant will gegen Kündigung vorgehen

Rostock (dpa) - Der entlassene Intendant des Rostocker Volkstheaters, Sewan Latchinian, will gegen seine fristlose Kündigung klagen. Dies kündigte er am Mittwoch an.

Foto: dpa

Einen Tag zuvor hatte der Hauptausschuss der Rostocker Bürgerschaft Latchinian nach dessen Vergleich der Theaterpolitik des Landes mit Kulturzerstörungen der Terrormiliz Islamischer Staat gekündigt. Dies war der Höhepunkt einer monatelangen Auseinandersetzung um die Zukunft des Theaters.

Latchinian sagte am Mittwoch dem Sender Deutschlandradio Kultur, jeder wisse, dass sein Vergleich nur ein Vorwand für die Kündigung sei. Er hatte in den vergangenen Monaten die Bürgerschaft heftig kritisiert. Diese hatte im Februar Strukturveränderungen beschlossen, nach denen aus dem Vier- ein Zwei-Sparten-Theater werden soll.

Bei einer Klage Latchinians könnte es nach Expertenmeinung um eine Abfindung von rund 500 000 Euro gehen. Der Klage werden allgemein gute Chancen eingeräumt. Kritiker monieren, dass die Abfindung von der klammen Theater-GmbH gezahlt werden müsste, obwohl die Stadt die Kündigung ausgesprochen hat.

Bei einer Mitarbeiter-Vollversammlung wurde die Stimmung von der Aufsichtsratsvorsitzenden Eva-Maria Kröger als „traurig, aber mutig“ bezeichnet. Zunächst müssten zwei Stücke aus dem Spielplan genommen werden, an denen Latchinian beteiligt war.

Für den 13. April wurde eine Sondersitzung der Bürgerschaft beantragt. Ziel sei es, die Kündigung aus dem Hauptausschuss in die Bürgerschaft zu ziehen, um dann die Abberufung rückgängig zu machen, sagte die Fraktionsvorsitzende des Rostocker Bundes, Sybille Bachmann. Sie bezeichnete das Vorgehen von Oberbürgermeister Roland Methling (parteilos) als „brutale politische Gewalt“.

„Die Beendigung der Anstellung ist wirksam, daran wird eine solche Entscheidung nichts ändern“, betonte Methling. Nach der Entlassung von Latchinian wurde die Führung der Theater-GmbH in die Hände des kaufmännischen Geschäftsführers Stefan Rosinski gegeben. „Der Spielbetrieb des Theaters geht ganz normal weiter“, sagte Methling.

„Ich bin mir sicher, dass die Verantwortlichen der Stadt mit dem Theater schnellstmöglich Gespräche führen, um alles dafür zu tun, damit das Haus seine Arbeit fortsetzen kann“, sagte Mecklenburg-Vorpommerns Kultusminister Mathias Brodkorb (SPD).

Die Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger sieht die Lage als hochdramatisch an. „Es gibt keinen Generalmusikdirektor, keinen Operndirektor, keinen Schauspieldirektor und keine künstlerische Leitung mehr“, sagte der Präsident der Genossenschaft, Jörg Löwer. „Was will man jetzt mit dem Volkstheater nur machen?“

Latchinian verlor nach der Kündigung seinen Hang zur Polarisierung nicht. „Es haben nicht wenige gesagt, dass der heutige Tag ein neues, zweites Lichtenhagen ist“, sagte er Deutschlandradio Kultur. Seit der Randale im Jahr 1992 gegen ein von Ausländern bewohntes Haus steht der Rostocker Stadtteil Lichtenhagen als Synonym für Ausländerfeindlichkeit. Latchinian sagte, Demokratie müsse jeden Tag neu errungen und Kultur verteidigt werden. Die Bürger seien gefragt, ob sie ihre Bürgerschaft korrigierten.