Festival Arabischer Frühling in Hannover
Hannover (dpa) - Ausgerechnet das Gesicht des Festivals fehlt. Der ägyptische Schauspieler Ibrahim Ramadan, der auf allen Werbepostern zum „Theatertreffen Arabischer Frühling“ zu sehen ist, durfte nicht einreisen
49 Theatermacher aus Arabien und Nordafrika hatte die Theaterwerkstatt Hannover eingeladen, ihre Erlebnisse bei den Unruhen von 2011 auf die Bühne zu bringen. Und einer fehlt. Man vermutet Schlimmstes, doch Ramadans Abwesenheit hat nichts mit Unterdrückung oder Willkür zu tun, die so viele seiner Landsleute erfahren haben. „Er leistet gerade seinen Militärdienst ab und hat einfach vergessen, sich pünktlich abzumelden“, erklärt der ägyptische Regisseur Ahmed Ezzat lächelnd.
Es sind solche Erkenntnisse, die sich Mitorganisator Fettah Diouri für die deutschen Besucher wünscht: Dass man die Ereignisse in Nordafrika anders bewertet und auch differenzierter sieht, als man es aus dem Fernsehen gewohnt ist. „Ich würde mich freuen, wenn die Zuschauer durch das Theatertreffen eine andere Meinung von der arabischen Welt bekommen und sie nicht automatisch mit Gewalt und Unterdrückung gleichsetzen.“ Jeder der eingeladenen Gäste kennt jemanden, die im vergangenen Jahr besonders gelitten hat. Menschen wurden verprügelt, eingesperrt oder sogar getötet. Die Stimmung am ersten Festivalwochenende ist angesichts solcher Erlebnisse dennoch ungewöhnlich positiv und entspannt.
Für fast alle der Theatermacher aus Palästina, Tunesien, Ägypten, Algerien, Marokko und dem Irak ist es das erste Mal, dass sie ihre Stücke in Europa zeigen dürfen. „Wir haben im vergangenen Jahr viele tolle Sachen erlebt. Leider gibt es inzwischen viele negative Entwicklungen, aber ich bleibe optimistisch“, erzählt ein Theatermacher aus Tunesien.
Das Festival (18.-24. Mai) will die verschiedenen Facetten des Arabischen Frühlings zur Geltung bringen. Es geht um Armut, die Rolle der Frau in der islamistischen Gesellschaft, um Unterdrückung und die stille Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Die Ausdrucksformen sind vielfältig: Es gibt mit „Blinde Katze„ eine ägyptische Version des Tanztheaters, eine Multimediashow bei „Koyoud“ (Fesseln)“ sowie klassisches arabisches Erzähltheater von Gamal Yakout.
Viele Festivalteilnehmer sind Studenten oder Laienschauspieler. Ihre Sicht auf die Ereignisse in ihren Heimatländern unterscheidet sich meist von offiziellen Darstellungen. Dass sie überhaupt einreisen durften, hängt mit dem Engagement deutscher Behörden zusammen. „Die Botschaften, das Goethe-Institut und das niedersächsische Landesministerium für Kultur haben uns sehr unterstützt“, sagt Christoph Sure, einer der Organisatoren.
So können sich die Künstler aus sechs Ländern in einem Freiraum begegnen, weit weg von den Unsicherheiten zu Hause. „Neben den Erkenntnissen für die deutschen Zuschauer ist uns auch wichtig, dass sich die Araber untereinander austauschen“, erklärt Sure. Das ist den Machern schon in den ersten Tagen gelungen: Ein Theatertreffen 2013 in Ägypten ist bereits fest geplant.