Handkes „Schöne Tage von Aranjuez“ in Wien

Wien (dpa) - Eine Frau und ein Mann, ein geplantes Gespräch über Liebe und Sex. Ist das möglich? Oder ist das Scheitern programmiert?

„Ein Sommerdialog“ lautet der Untertitel von Peter Handkes neuem Stück „Die schönen Tage von Aranjuez“, das am Dienstag in Wien Premiere feierte. Wobei der Begriff „Dialog“ mehr Versprechen oder Hoffnung ist als Realität in dem Geschehen zwischen Mann und Frau, das der Regisseur Luc Bondy bei den Wiener Festwochen auf die Bühne des Akademietheaters brachte.

Zwar verweist der Titel auf den ersten Satz von Schillers „Don Karlos“ und die dortige Sommerresidenz der spanischen Könige. Doch Handke siedelt seine Personen fern jeder konkreten Orts- oder Zeitangabe an. „Und wieder ein Sommer“, heißt es nur. „Und wieder eine Frau und ein Mann an einem Tisch im Freien, unter dem Himmel.“

Der Einstieg in das Gespräch ist abrupt. „Das erste Mal, du mit einem Mann, wie ist das gewesen?“, fragt der Mann. Die Frau berichtet, mal direkt, mal verklausuliert, von ihrem sexuellen Erwachen als Mädchen auf einer Schaukel ohne einen Mann („Ich bin keine Frau geworden. Und doch war's ein Liebesakt“) und von späteren Begegnungen.

Immer wieder scheint das Scheitern von Liebe und Begehren durch. „Wir sind zusammengeblieben, bis es kein Wir mehr gab - bis es weder einen Mann mehr gab, noch dessen Silhouette - nur noch: den Anderen“, gesteht die Frau. Was in Handkes Text oft etwas pathetisch oder geschraubt klingt, hat Regisseur Bondy dynamisch bis aggressiv inszeniert. Bei ihm sitzt sich das Paar, von dem man nicht weiß, ob es überhaupt eines ist, keineswegs die ganze Zeit an einem Tisch gegenüber, wie es in der Regieanweisung heißt. Dörte Lyssewski und Jens Harzer, beide zu Recht mehrfach ausgezeichnete Schauspieler, nutzen die ganze Bühne, die Amina Handke, die Tochter des Autors, karg gestaltete.

Während des Gesprächs zieht Harzer sich mehrfach um, baut den Tisch auf, malt, hantiert mit einer Axt, öffnet eine Flasche Sekt, füllt Gläser, stülpt sich einen Indianer-Federschmuck über, bespritzt sich mit Blut und ist in seiner Aktivität kaum zu bremsen. Zwischendurch fallen Zitate aus „Endstation Sehnsucht“ von Tennessee Williams. Tatsächlich zuhören will oder kann der Mann nicht.

Während die Frau besonders in der ersten Hälfte über den Kampf der Geschlechter sinniert, sich an namenlose Liebhaber erinnert und von ihren Gefühlen berichtet („Frau eines konstanten Kummers, die ich damals war“), sieht er sie kaum an.

Später vertauschen sich die Rollen. Er erzählt von Naturbeobachtungen und Reisen, wird immer nervöser, lauter, slapstickartig fast, zerrt sie auch mal über den Holzboden - sie ist auf ihn konzentriert, blickt ihn an und hört ihm zu. Von einem echten Dialog ist zwischen den vielen Monologen wenig zu spüren.

Wem Handkes Texte zu feierlich oder gar schwülstig (wie eine Kritik meinte) klingen, der kann immerhin zwei hervorragenden Schauspielern 100 Minuten bei konzentrierter Arbeit zusehen. Der Premieren-Applaus war ausführlich. Am Ende bleibt auch für den Mann keine Illusion: „Es gibt keine glückliche Liebe.“ Gleichzeitig dringt der Lärm der realen Welt in das Bühnengeschehen ein.