„Heine hätte sich amüsiert“

Der israelische Schriftsteller erhält am Samstag, dem Geburtstag Heinrich Heines, den nach diesem benannten Preis der Stadt Düsseldorf.

Düsseldorf. "Enorm übereinstimmend mit Heinrich Heine" nennt Joseph Anton Kruse, Direktor des Düsseldorfer Heinrich-Heine-Institutes, den israelischen Schriftsteller Amos Oz, der heute mit dem 16. Heinrich-Heine-Preis ausgezeichnet wird. Literarisches Beispiel sind für Kruse der Roman "Eine Geschichte von Liebe und Finsternis" (2004) und, epochal, "Allein das Meer" (2002), eine Saymmlung von epischen und lyrischen Elementen.

Aber auch im "Blumenstrauß" seiner Essays gelinge es Oz wie einst Heine, das Individuelle mit der Gemeinschaft, den Staat mit dem Einzelnen zusammen zu denken und in ihren Notwendigkeiten zu verbinden. Und auch die Intensität dieses Nachdenkens und Mitfühlens führe er kongenial zu Heine durch. Oz, der erste nichteuropäische Heine-Preisträger, erklärte, Heine sei einer der von ihm "verehrten Helden" - einer der ersten bedeutsamen jüdischen Europäer und der erste Sozialist. Unübertroffen sei Heines Kunst, Gefühle und Ironie zu verbinden. Das verbinde ihn bis heute mit der israelischen literarischen Tradition.

Wenn auch die Orthodoxen heftig über ihn geschimpft und sich geweigert hätten, in Haifa eine Straße nach ihm zu benennen. Denn Heine war nun einmal mit seinem Übertritt zum Christentum, für die orthodoxen Gläubigen indiskutabel geworden. "Sie haben sich gestritten, und natürlich heißt die Straße heute so. Heine hätte das mit Sicherheit sehr amüsiert."

Ebenso wie in Heines Poesie und Schriften häufig Melancholie und Trauer mit wohlgemuter Freude ein erstaunliches Bündnis eingingen, finde sich dieses Phänomen seit eh und je in der jüdischen Literatur. Schließlich aber Heines anarchistisches Leben, sein Vagabundieren: "Auch das verbindet mich mit ihm. Wir pflegen in Israel eine Kultur des Zweifels und der Auseinandersetzung. Heinrich Heine würde sich heute in Israel wohlfühlen." Und das auch im Hinblick auf das Naturell der Israelis. Einhelligkeit herrsche nie, die Diskutierfreude und Streitkultur sei hier besonders ausgeprägt.

Nach einer Friedenslösung im Nahost-Konflikt befragt, erklärte Oz, Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels und Goethepreisträger: "Wir können es uns nicht leisten zu warten, bis wir einander genehm sind. Es gibt Fanatiker auf beiden Seiten. Trotzdem, wir müssen uns an einen Tisch setzen, weil es eine Frage von Leben und Tod ist." Allerdings müsse die Hamas das Existenzrecht Israels anerkennen. Doch hier seien bei Geheimverhandlungen "erhebliche Fortschritte" erzielt worden.

Ihm schwebe in der Zukunft Jerusalem "als eine gemeinsame Hauptstadt" von Palästina und Israel vor (siehe auch den Essayband: "Israel und Palästina: Ein Zweifamilienhaus?", Suhrkamp, Frankfurt 2001) - der Traum von der Wiederkehr des Paradieses.