Interview: „Ich spiele gerne Männerrollen“
Die Opern-Sängerin Elina Garanca spricht über den Spaß am Starrummel, Karriereglück und mutige Regisseure.
Frau Garanca, Ihre legendäre Kollegin Lisa Della Casa hat kürzlich in einem Interview zu ihrem 90. Geburtstag gesagt, sie könne nur davon abraten, Sänger zu werden. Der Beruf sei viel zu anstrengend und meist mit Enttäuschungen verbunden. Ist da was dran?
Elina Garanca: Viel zu anstrengend schon, ob der Beruf aber mit Enttäuschungen verbunden ist, hängt von den eigenen Erwartungen ab und davon, wie ehrgeizig man ist. Heute sind PR und Marketing genauso wichtig wie das Singen. Und wenn man Spaß an dem Rummel hat, ist eine Sängerkarriere vielleicht das Richtige.
Finden Sie Singen anstrengend?
Garanca: Singen ist leicht, wenn man eine Technik besitzt. Es braucht einige Jahre, um zu begreifen, wie der Körper funktioniert. Und dann ist das Singen sogar eine besondere Freude. Anstrengend ist das ganze Drumherum. Aber ich weiß mich zu schützen.
Wie denn?
Garanca: Indem ich auch mal "nein" sage. Wenn ich beispielsweise einen Liederabend habe, brauche ich den nächsten Tag als Pause. Das müssen die, die mit mir arbeiten, akzeptieren.
Die Allerwenigsten schaffen es mit der Kunst an die Spitze. Was muss dafür alles zusammenkommen?
Garanca: Vieles! Man hat früher in Lettland gesagt: 90 Prozent Arbeit und 10 Prozent Talent. In Wahrheit gehört aber auch viel Glück dazu, ebenso Ehrgeiz, Offenheit und Risikobereitschaft.
Dabei ist die Konkurrenz doch gar nicht mal so enorm groß. Zum Beispiel sind gerade im deutschen Fach große Rollen sehr schwer zu besetzen, oder?
Garanca: Ich glaube, dass die Sänger heute weniger stark auf ein Fach festgelegt sind. Aber es stimmt schon. Wenn man irgendwann an das schwere Wagner-Fach herankommt, ist man schon vom Opern- und Konzertbetrieb ausgelaugt.
Als Mezzosopran sind Sie prädestiniert für Hosenrollen - zu Ihrem Vergnügen oder eher Missfallen?
Garanca: Die sogenannten Hosenrollen, also Romeo, Oktavian oder Cherubino, bereiten mir großes Vergnügen. Denn der fiktive Wechsel des Geschlechts erweitert den darstellerischen Horizont. Manchmal habe ich auf der Bühne im Hosenanzug viel mehr Spaß als im Kleidchen. Mit diesen Rollen kann man spielen wie ein Kind.
Sie haben mal gesagt, Sie interessierten sich sehr für Psychologie und Regie. Finden Sie, dass Oper uns heute nur noch dann etwas zu sagen hat, wenn die Handlung ins Heute versetzt wird?
Garanca: Es ist eigentlich egal, wann man den "Don Carlos" spielen lässt. Wenn jemand hasst, spielt es keine Rolle, ob er es in einem vergangenen Jahrhundert tut oder im Jahr 2009. Wichtiger ist, dass der Regisseur die Sprache der Musik versteht, denn sonst kann er keine Oper inszenieren.
Im Falle sehr kühner, moderner Inszenierungen werden Regisseure zuweilen für ihren Mut gerühmt.
Garanca: Die haben Mut, Leute zu provozieren, aber keinen Mut, Emotionen zu zeigen. Viele haben Angst davor, verglichen zu werden und machen es dann lieber gleich ganz anders.
Am 20. März, 20 Uhr, gastiert die lettische Mezzosopranistin Elina Garana mit ihrer Tournee "Belcanto" und der Philharmonie Westfalen in der Tonhalle Düsseldorf. Karten unter Telefon 0211/899 61 23 oder im Internet: