Spielplan mit der heißen Nadel
Das Theater Krefeld-Mönchengladbach hat endlich einen Etat.
Mönchengladbach. Das soll es also gewesen sein. Die Debatte um das Theater Krefeld-Mönchengladbach ist nach vier quälenden Monaten zu Ende, zumindest vorerst. Die Vereinigten Städtischen Bühnen bekommen in dieser und der nächsten Spielzeit je rund eine Million Euro mehr, um Tariferhöhungen auszugleichen. Intendant Jens Pesel fehlen gleichwohl 600 000 Euro in der Kasse.
Die Entscheidung, die am Mittwoch in Gladbach und am Donnerstag in Krefeld den Rat passiert, ist ein hart erkämpfter Kompromiss. Vor allem CDU und FDP in Gladbach haben eine Wende um 180 Grad vollzogen. Sie hatten mit dem unausgegorenen Vorschlag, dem Theater das Geld als Darlehen zur Verfügung zu stellen, vor allem zwei Dinge erreicht: bundesweit hämische Schlagzeilen, lokal einen beispiellosen Bürgerprotest, der am Donnerstag und Freitag in zwei großen Kundgebungen gipfelt.
Besorgt über demonstrierende Bürger so kurz vor der Kommunalwahl treten die Mehrheitsfraktionen gerade noch rechtzeitig die Flucht nach vorn an. Das Theater bekommt einen Großteil des Geldes und die Maßgabe, auf keinen Fall im künstlerischen Bereich zu sparen. Jens Pesel darf sich in seiner letzten Spielzeit an der Quadratur des Kreises versuchen.
Neben Geld fehlt ihm bei seiner Planung vor allem Zeit. Fast vier Monate lang ließ die Politik das Theater in der Luft hängen - längst müsste der Spielplan für 2009/10 stehen. "Nun muss ich ihn in mühsamer Kleinarbeit mit der heißen Nadel stricken", sagt Pesel. "Und viele Künstler, die ich gerne hätte, bekomme ich natürlich jetzt nicht mehr."
Darüber hinaus haben einige Mitglieder des festen Ensembles die Flucht ergriffen, unter ihnen Schauspieler Stefan Diekmann. "Ich bin fassungslos, wie fahrlässig und gedankenlos das Theater in einem halben Jahr vor die Wand gefahren wird", sagt Diekmann. "Und es macht mich wütend, wie respektlos und verletzend die Politik mit uns umgeht."
Inmitten dieser scharfen Debatte hat am Dienstag die Unternehmensberatung Actori ein teures Gutachten vorgestellt, das die Theaterleitung für ihr sparsames Wirtschaften lobt und Zukunftsoptionen für die Bühnen aufzeigt. Fazit: Wer langfristig sparen will, muss zunächst investieren, unter anderem in Werbung und EDV-Anlage. Sofort danach beschloss die Politik, wo das Theater die 600 000 Euro einsparen soll - in eben diesen beiden Bereichen.