Kindertheater: Ludwig steigt aus der „Linie 1“ aus
Der Gründer des Berliner Grips hört nach 42 Jahren auf.
Berlin. Seine "Linie 1" fährt auf der ganzen Welt. Das legendäre Musical von Grips-Theater-Gründer Volker Ludwig wurde schon in Kalkutta, New York, Jerusalem, Dublin, Sanaa, Maputo und Hongkong nachgespielt. Das 1986 uraufgeführte Stück machte Ludwig zum meistgespielten Autor in Deutschland nach Shakespeare, Brecht und Molière. Das künstlerische Erbe des 73-Jährigen steht auf sicherem Gleis. Deshalb mag es ihm leicht fallen, nach 42Jahren aus dem Berliner Theaterzug auszusteigen.
Trotzdem kam die Nachricht am Dienstag überraschend: Ludwig lud für Montag ein, um nicht nur die Pläne für die nächste Spielzeit, sondern auch den neuen künstlerischen Leiter der Kinder- und Jugendbühne vorzustellen.
Irgendwann sei einfach Schluss, so Ludwig, der als Eckart Hachfeld in Ludwigshafen geboren wurde und sich das Pseudonym zulegte, um Verwechslungen mit seinem Vater, dem Schriftsteller Eckart Hachfeld, zu vermeiden. Nun werde er dafür sorgen, dass der neue Theaterleiter einer wird, "der nicht in Mythen und Märchen versinkt, sondern weiter sozialkritisches Theater macht", Spaß inklusive. Als Autor bleibt Ludwig dem Grips verbunden, er gehört auch weiter zur Geschäftsführung, wenn er im Sommer 2011 den Intendantenposten abgibt.
Ludwig gründete 1969 mit seinem Bruder, dem Karikaturisten Rainer Hachfeld, in Berlin das erste westdeutsche Theater für Kinder. 1972 wurde die Bühne Grips getauft - der Name sollte Spaß am Denken signalisieren.
Die Ausgangssituation für Ludwig: "Wir nahmen Partei für die unterdrückte Klasse der Kinder in einem kinderfeindlichen Land." Sich die Probleme des Publikums zu eigen machen und daraus Theaterstücke zu schaffen, ist bis heute das Ziel des Grips-Theaters. Es geht um Mobbing und Gewalt in der Schule, Konflikte zwischen Menschen verschiedener Herkunft, die Probleme von Einzelkindern. Viele Stücke schrieb Volker Ludwig selbst.
Altersgrenzen hat die Bühne mit Stücken wie "Eine linke Geschichte", "Ab heute heißt du Sara" oder "Rosa" längst überwunden. Eine Fortsetzung der "Linie 1" kam im vergangenen Jahr heraus: "Linie 2 - Der Alptraum". Vor dem Theater am Hansaplatz treffen die Besucher jeden Abend auf die Leute, die die Helden aus der "Linie 1" sind: Berliner Punks, Dealer und Sinnsucher, Arbeitslose, bürgerliche Spießer, kampflustige Rentner und verliebte Teenager.