Neues Löhle-Stück über den Zerfall einer Familie

Bonn (dpa) - Mit gesellschaftskritischen Texten macht sich der Dramatiker Philipp Löhle (33) derzeit einen Namen. Nun hat er ein Stück fürs Bonner Schauspiel geschrieben. Am Freitagabend wurde das Auftragswerk „Der Wind macht das Fähnchen“ in der Werkstatt, Bonns Studiobühne, uraufgeführt.

Ein Erfolg für Löhle und das Ensemble: Der Beifall wollte nicht enden. Das Stück handelt vom Zerfall einer Familie. Doch anders als Thomas Manns „Buddenbrooks“ geht es nicht um Patrizier im 19. Jahrhundert, sondern um eine Mittelstandsfamilie unserer Zeit. Anfangs, als die Kinder noch klein sind, ist der Vater stolz auf seine Familie. Als er seine Arbeit verliert, brechen Spannungen mit seiner Frau auf. Die Trennung ist nicht von Dauer, aber nachdem der Vater ein zweites Mal den Job verliert, geht es steil bergab.

Erst treffen sich Vater und Mutter in einem fragwürdigen Etablissement wieder, wo die Mutter bedient, dann tun sich die beiden zusammen, um ihre Tochter zu berauben. Die verdient viel Geld als Modedesignerin. Die Eltern werden auf frischer Tat ertappt - vom Sohn, der Polizist geworden ist.

Die Ungereimtheiten und Übertreibungen im Text sind beabsichtigt, sie wirken komisch. Regisseur Dominic Friedel hebt sie in seiner Uraufführung bewusst hervor - es wird viel gelacht und noch mehr geschmunzelt in der Werkstatt. Die Inszenierung arbeitet sorgfältig heraus, dass es Löhle nicht um Oberflächenrealismus geht, sondern um soziale Wahrheit - die Entwicklung zerstört die Familie. Ist die wirtschaftliche Lage Schuld? Oder sind es die Eltern und die Kinder, die sich zu sehr abhängig machen von Arbeit und Wohlstand?

Das Ensemble legt nahe, dass beides zusammenwirkt. Tatjana Pasztor spielt die Mutter als angepasste Frau, die im Moment, wo es aufs Zusammenhalten ankäme, versagt. Rolf Mautz porträtiert den Vater als Mann, der zwar einerseits den Familienzusammenhalt hoch schätzt, andererseits aber zu wenig Zivilcourage hat, um offensiv zu seiner Arbeitslosigkeit zu stehen. Mautz gelingt eine nüchterne, gleichwohl anrührende Studie eines überforderten Mannes.

Anfangs wirkte die Uraufführung mitunter zäh und spannungslos. Doch in den letzten Bildern entfaltete die Tragödie eine unerwartet starke dramatische Dynamik: Der Wind blies kräftig ins Fähnchen.