Operation Wüstensturm im Revier

Mit viel Getöse: „Leila und Madschnun“ in Bochum.

Bochum. Seine Liebe tötet Tausende. Seine Sehnsucht verzehrt die Kraft seiner Mitstreiter. Sein Wahnsinn führt den Vater in den Tod. Dabei tut Madschnun den Menschen scheinbar wenig an: In den flüchtigen Sand schreibt er seine Verse über Leila. Wie sie sich liebten als Kinder. Wie ihre Leidenschaft nicht sein durfte, und wie er getrieben vom Trennungsschmerz in die Wüste zog.

Überliefert hat diese Geschichte der Perser Nizami um 1180. Er zählt zu den bekanntesten Dichtern seines Kulturkreises, sein Epos gleicht in Bedeutung und Kraft Shakespeares "Romeo und Julia". Warum sind uns Leila und Madschnun dennoch so fremd? Mit dieser Frage bringt Willy Decker, künstlerischer Leiter der Ruhrtriennale 2009 bis 2011, das Liebespaar als Uraufführung in die Bochumer Jahrhunderthalle - eine Begegnung mit dem Islam, so will es das diesjährige Motto.

Die Figur Salams (Aleksandar Radenkovic) dient als Einstieg: Der Soldat überlebt knapp einen Luftangriff in der Wüste, danach liest er in den VersenNizamis. Wie von ihm gerufen erscheint Madschnun (Hagen Matzeit). Der Countertenor wechselt von Wort zu Wort die Stimmlage, fällt ins Sprechen, dann verschwindet die Stimme hinter wilden Klängen. Mal liefert die Flöte einen Hauch Orient, meist behindert die zeitgenössische Musik des palästinensischen Israelis Odeh-Tamimi das Zuhören.

Schade, denn dieser Madschnun hat etwas zu sagen. Harmonisch vereinen sich die persischen Verse mit dem Text Albert Ostermaiers. Worte, die Bilder schaffen: "Was ist die Liebe? Die Ehe lüftet den Schleier, dann ist sie Luft." Es geht um das Ich, das hinter der Liebe verschwindet. Es geht um Einkehr, die Weisheit bringt.

Doch diese Einsichten bietet das Spiel selten, überstrapaziert stattdessen Szenen. Der Chor der Soldaten im Tarngewand stolpert über den Sand, fällt. Immer wieder. Dass Salam als menschliche Fackel endet, bedient einmal mehr Klischees. Damit wird jede Hoffnung vertan, dieser theatralische Gewaltmarsch möge das Fremde erkennen, verstehen und tolerieren helfen.