Operndiva Edita Gruberová: „Ich habe mein ganzes Leben Mozart gesungen“
Die legendäre Operndiva Edita Gruberová über das Singen und die Kunst Jahrzehnte lang an der Spitze zu bleiben.
Düsseldorf. Sie ist nicht nur eine lebende Legende, die slowakische Koloratursopranistin Edita Gruberová (67), sondern auch ein Phänomen an Durchhalte-Kunst.
Kaum eine andere Opernsängerin konnte sich 40 Jahre lang an der Weltspitze halten und gleichbleibend hohes sängerisches Niveau bieten. Bald gibt sie einen Abend mit Mozart-Arien in der Tonhalle Düsseldorf.
Frau Gruberová, wie schafft man es als Sängerin, so lange durchzuhalten?
Edita Gruberová: Das ist eine große Frage und nicht einfach zu beantworten. Ich habe in meinem Sängerleben gut auf mich aufgepasst, Partien ausgewählt, die nicht zu schwer für mich sind. Wichtig ist auch eine gute Technik, mit der man die Partien bewältigt. Bis 40 hat man noch jugendliche Kraft. Doch wenn die Technik nicht da ist, können danach Verschleißerscheinungen zutage kommen. Und ich habe mich nicht von verführerischen Gefühlen leiten lassen.
Nun gilt Mozart als besonders schwierig für Sänger, finden Sie auch?
Gruberová: Ich habe Mozart mein ganzes Leben gesungen und auch Aufnahmen gemacht. Und nun will ich ihn noch einmal singen für mein Publikum und für mich und zeigen, dass ich das heute besser kann denn je. Und ja, Mozart ist schwierig für mich, mehr noch als der Belcanto, der mir recht leicht fällt. Mozart hat so viel Struktur und Ordnung. Besonders schwer ist es, dabei den Ausdruck zu bekommen, dass das Publikum berührt wird. Das ist die eigentliche Kunst bei Mozart. In jungen Jahren fehlt dafür noch die Lebenserfahrung.
Sie werden bei Ihren Auftritten stets umjubelt, kennen Sie dennoch Selbstzweifel?
Gruberová: Oh ja! Und die werden immer stärker. Je reifer, um nicht zu sagen älter man wird, desto stärker werden die Zweifel. Man könnte ja meinen, jetzt sei Routine eingetreten, aber nein, die ist nicht da. Nach einem Konzert ist immer vor einem Konzert. Wenn das Publikum rast und bei der Signierstunde seine Freude zeigt, dann ist das erst einmal ein Glücksmoment, eine Droge, von der ich ganz benommen bin. Doch am nächsten Tag ist der Akku leer. Dann heißt es auftanken, denn bald geht es ja wieder los.
Wie tanken Sie auf?
Gruberová: Einfach ausruhen. Aber auch das ist eine Kunst. Ich liege nicht im Bett, sondern stürze mich ins Leben, unternehme etwas mit meinen Enkeln. Ich darf dann trotzdem nicht viel sprechen oder viel lachen, um die Stimme zu schonen. So geht es schon mein ganzes Leben.
Ist es schwer, mit den ständig hohen Erwartungen des Publikums zu leben?
Gruberová: Ich denke viel daran, die Erwartungen, auch meine eigenen, zu erfüllen. Ich weiß zwar, dass ich sängerisch keine Probleme habe und wenn mich das Publikum mit Applaus belohnt, freue ich mich diebisch, aber jedes Mal ist es eine Prüfung und Anspannung. Wenn sich dann aber die Menschen freuen, dann ist das meine Belohnung dafür. Manchmal weinen einige Besucher, wenn sie anschließend zu mir kommen, auch Männer. Das ist dann die höchste Anerkennung, denn es soll ja auch so sein, dass Musik die Seele berührt.
Ihre Tochter Barbara Klimo ist Opernregisseurin und hat schon in Düsseldorf inszeniert. Haben Sie mal vorbeigeschaut?
Gruberová: Ja, ich war in der Premiere, und es hat mich sehr gefreut. Jetzt ist meine Tochter in Zürich, und es muss für eine Frau sehr schwer sein, sich zu behaupten, denn Opernregie ist eine Männer-Domäne.