Riesen-Picknick auf der A 40

300 Projekte mit Partnern auch im Ausland sind ein attraktives Programm.

Essen. Hart gearbeitet hat das Team der Kulturhauptstadt Ruhr 2010. Andernfalls wäre nämlich nach zwei gescheiterten Großprojekten das Abgleiten in die randständige Banalität nicht aufzuhalten gewesen.

Aber nun ist es geschafft: Essen und seine 52 Partnerstädte im Ruhrgebiet, die die Gesamt-Kulturhauptstadt Ruhr bilden (mit 5,3 Millionen Menschen) haben ein Programm entwickelt, das sich nicht an intellektueller Abgehobenheit überhebt. Vielmehr ist es sehr selbstbewusst von Menschen für Menschen entwickelt.

Gut, es sollte eine spektakuläre Eröffnungsfeier in der Schalke-Arena geben. "Aber diese Show hätten nur 60.000 Menschen sehen können, und sie wäre dazu noch sehr teuer geworden", kommentiert das Pressechef Marc-Oliver Hänig. Stattdessen wird es vom 8. bis 10. Januar 2010 ein Volksfest geben, das dem zentralen Ort der Kulturhauptstadt, dem Welterbe Zeche Zollverein, huldigt. Mit diesem Pfund hatte Essen bei seiner Bewerbung wuchern können, man rechnet mit 70000 Gästen.

Am 8. Januar wird es zuerst einen ökumenischen Gottesdienst im Essener Dom geben, danach sollen in allen 53 Ruhrgebietsstädten die Glocken läuten. Im Musiktheater Gelsenkirchen wird das Jahr mit einem "Prolog" eröffnet, den das ZDF live überträgt. Und tags darauf folgt der vorläufige Höhepunkt: eine Gala, die der Folkwang-Professor und Regisseur Gil Mehmert mit Studenten und Künstlern einstudiert. Auch wird das hierher verlagerte Ruhrmuseum eröffnet. Am Ende knallt ein finanziertes Feuerwerk.

"Bunt und begeisternd", betont Ruhr2010-Chef Fritz Pleitgen, sollen die 300 Projekte des Programms sein. Beispiele: Skulpturen: Der Streifen Brachland zwischen Rhein-Herne-Kanal und Emscher wird mit den Skulpturen von 40 internationalen Künstlern wie Tobias Rehberger aufgewertet. Rehberger etwa baut für 2,5 Millionen eine Spiralbrücke.

"Emscherkunst" eröffnet am 27. Mai, ist kostenlos begehbar und bleibt auch nach dem Ablauf des Jahres erhalten. Begegnungsfest: Die A 40 wird am 18. Juli für den Autoverkehr gesperrt. An 20.000 Tischen kann man rasten und mit dem Nachbarn das Picknick tauschen. Hänig: "Das wird alles andere als eine Fressmeile!" Die Anmeldefrist (18. 9.) läuft noch, doch sind die Plätze jetzt schon überbucht.

Kreativwirtschaft: Ein Institut für Kreativwirtschaft (ECCE) - "Die einzige Branche, die kräftig boomt" - wird gegründet. Partnerstädte: Unter dem Titel "Twins" (Zwillinge) werden 100 ausländische Städte eingebunden. "Wir wollen Europa bewegen", sagt Hänig. Ein Pantomimentheater aus Nischni Nowgorod könne man so kennenlernen. Zeitgenössische Musik: Das Jahr ist dem 1926 in Gütersloh geborenen Komponisten Hans Werner Henze gewidmet, der für die Kulturhauptstadt eine "Jugendoper" (Arbeitstitel") versprochen hat.

Sprechtheater: "Odyssee Europa", Projekt, bei dem sechs Ruhrgebiets-Theater kooperieren. Museum Folkwang: Ende Januar eröffnet festlich der von der Krupp-Stiftung mit 55 Millionen Euro finanzierte Umbau. Atolle: Atolle auf dem Baldeneysee: Eisberg, Teegarten, U-Boot.

Künstlervilla: Das leerstehende einstige Übergangslager Unna-Maßen wird umgewidmet in eine Künstler-Villa Unna-Massimo, die 25 Jung-Redakteure beziehen und für ihre Heimat-Zeitungen oder andere Medien aus der Kulturhauptstadt berichten. Zitier-Bar: Nach dem Motto "Eine Metropole, über die man spricht, spricht für sich" werden hier bemerkenswerte Sätze über die Kulturhauptstadt Ruhr gesammelt, etwa von dem Schweizer Schriftsteller und Jury-Mitglied Adolf Muschg: "Das Ruhrgebiet atmet nicht mehr Staub, sondern Zukunft".