Robert Mapplethorpe, der Fotograf des Sinnlichen

150 Fotos präsentieren Robert Mapplethorpe als den wichtigsten Künstler der modernen Erotik.

Düsseldorf. Kein Fotograf hat den Körper so verherrlicht und ästhetisch überhöht wie Robert Mapplethorpe (1946-1989). Er hat ihn zu einem Fetisch erhoben, hat ihn angebetet und unter ihm gelitten. Keiner vor ihm hat den nackten, schwarzen Mann derart gekonnt ins Rampenlicht geholt wie er. Die Plakate, die gegenwärtig überall in Düsseldorf auf die große Retrospektive des Künstlers im NRW-Forum verweisen, zeigen Models wie Thomas oder Ken als Rückenakte, den Kopf so gebeugt, dass der Charakter keine Rolle spielt. Man fühlt sich an abstrakte Skulpturen erinnert. Über 150 Arbeiten werden demnächst am Ehrenhof gezeigt, allesamt aus der Mapplethorpe-Foundation in New York.

Der amerikanische Künstler pflegte in seinen Aufnahmen auf die Totale zu verzichten. Was ihn an langen Beinen oder herabhängenden Armen nicht interessierte, schnitt er ab. Der Körper wurde zum Torso, so ließ er sich ästhetisieren und erotisieren. Mit derartigen Stilelementen beherrschte Mapplethorpe in seinem viel zu kurzen Leben die Fotoszene des ausgehenden 20.Jahrhunderts, öffnete ihr den Weg einerseits in die Museen, andererseits in die Massenkultur. Dass seine Kunst geliebt und gehasst, beschlagnahmt und zu astronomischen Preisen verkauft wurde, beweist, wie kontrovers seine radikalen Darstellungen von Nacktheit diskutiert wurden.

Die Schau beginnt mit einer leicht zerfetzten amerikanischen Flagge und den ersten Aufnahmen der Kindsfrau Patti Smith, seiner ersten Geliebten. Frühe Aufnahmen zeigen sie als Unschuldslamm, unbekanntes Girl neben einem Abflussrohr, junge, androgyne Frau und schon Ende der 70er Jahre als magisches bis hexenartiges Wesen. Die spätere Punk- und Rockmusikerin, Vorläuferin der Punk- und New Wave-Bewegung, hielt trotz all seiner Eskapaden zu ihm - über seinen Tod hinaus.

In den 80er Jahren schuf Mapplethorpe jene Fotos, die ihn berühmt machen sollten: Das Licht streift seine Lederjacke, suggeriert selbst in Kleinigkeiten wie einem Kragen, einer Perücke, einem buschigen Pelz eine faszinierende Sinnlichkeit. Den schwarzen, nackten Körper von Thomas zwängt er in eine Tonne, lässt das Model mit ausgestreckten Armen und angewinkelten Beinen posieren, so dass es an einen griechischen Diskuswerfer und zugleich an einen Geschundenen im Rhönrad erinnert.

Mit Andy Warhol war Mapplethorpe eines Geistes. Die beiden unkonventionellen Künstler verstanden sich spontan und porträtierten sich gegenseitig. Mapplethorpe schuf aus seinem Gegenüber ein außerirdisches Wesen, stellte das Gesicht mit dem schlohweißen Haar des Pop-Helden in einen starken Spot, der den Kopf zu einer traumhaften Erscheinung werden lässt. Die Aufnahme entstand 1986, ein Jahr vor Warhols Tod.

Berühmte Künstler ließen sich bei ihm fotografieren, David Hockney, Roy Lichtenstein, Paloma Picasso oder Cindy Sherman. Am bekanntesten sollte das Portrait der Bildhauerin Louise Bourgeois werden. Ihr Lachen, einen bronzenen Riesen-Penis wie eine Waffe unterm Arm, ging um die Welt.

20 Porträts gelten Mapplethorpe selbst. Hier führt der Bogen von Polaroids aus dem Jahr 1973 über das geschminkte Gesicht mit den großen Augen und den kaum zu bändigenden Haaren bis zu den letzten Aufnahmen des todkranken Künstlers von 1988.