Schräge Story über absurde Schwächen
Die Münchner Lach- und Schieß-Gesellschaft mit dem Programm „Last Minute“.
Düsseldorf. "Geht’s nicht eine Nummer kleiner?" erschreckt sich Alexandra, als sie erfährt, dass man sie dazu sie auserkoren hat, die Welt zu retten. Es ist nicht ihr erster Schock an diesem Tag. Ihr Last Minute-Zimmer im Hotel Paradiso in Neapel ist voller Müllsäcke, das Klo verstopft, der Hotelangestellte schleicht sich - Arien schmetternd - davon.
Aber Gabriel, der pummelige Erzengel, lässt nicht locker. Sie soll die Botschaft zu den Menschen tragen: "Ihr seid frei!" Denn mit dem Bewusstsein ihrer Freiheit könnten die Menschen die Zerstörung der Erde noch abwenden, die ansonsten in genau 14 Tagen droht.
"Last Minute", das neue Programm der Münchner Lach- und Schießgesellschaft, hat ein anspruchsvolles Thema. Sonja Kling, Ecco Meineke und Thomas Wenke bringen es jedoch locker und höchst vergnüglich über die Bühne.
Jeder schlüpft mit Verve in diverse Rollen, beherrscht Comedy ebenso wie absurden Klamauk. Regisseur Michael Ehnert schrieb die Vorlage gemeinsam mit dem Ensemble und scheute weder triviale Kalauer noch philosophische Anspielungen. Entsprechend schwankt das Niveau.
Abgründig, aber genial die Szene, in der ein Rabbi und ein Imam Bibel und Koran auf Androhung von Höllenstrafen durchforsten - und zur beiderseitigen Zufriedenheit fündig werden. Eher seicht, wenn etwa Alexas Mama zum Kaffee einlädt, oder Promis persifliert werden.
Die schräge Story beginnt im Himmel, wo der liebe Gott an der Fülle von Informationen in seinem Spamfilter verzweifelt und den Dingen ihren Lauf lassen will. Nur der warmherzige Gabriel bringt ihn dazu, den Menschen noch eine Chance zu geben. So liegt das Schicksal der Welt also in den Händen der Bewährungshelferin Alex Erdmann, die es zunächst mit einer Flugblattaktion in Neapel versucht, was ihr gleich die Mafia auf den Hals hetzt.
Glücklich befreit, will sie in Berlin eine Großdemo durchführen, aber nur bis sie erfährt, welch bürokratischer Aufwand allein zur Anmeldung nötig ist. Später wird sie von der Fernseh-Schickeria als Werbeträgerin entdeckt, denn mit Moral verkauft sich derzeit alles besser, ob Handy oder Schokoriegel.
Dieser philosophische Comedy-Abend hat sich weit vom politischen Kabarett der früheren Lach-und Schießgesellschaft entfernt. Die politischen Anspielungen sind denn auch nicht seine Stärke, eher die feinen, absurden Szenen, die genau die Schwächen unserer Gesellschaft treffen und hervorragend gespielt sind.