Tanz: Ein Requiem voller Lebensfreude

Pina Bauschs Ex-Dramaturg Raimund Hoghe inszeniert am Rhein.

Düsseldorf. Schon der Titel ist Poesie: "Wenn ich sterbe, lasst den Balkon geöffnet" überschreibt Raimund Hoghe mit einem Zitat von Federico García Lorca sein jüngstes Werk. Es ist ein getanztes Requiem, elegisch und doch voller Lebensfreude.

Maurice Béjart, Merce Cunningham, Pina Bausch - in jüngster Zeit hat die Tanzwelt viele Ikonen verloren. An sie hat Hoghe gedacht, als er an seinem neuen Stück, einem Auftragswerk für das Tanzfestival Montpellier, arbeitete.

Der Autor und Choreograf wurde 1949 in Wuppertal geboren. Der 1,54 Meter kleine Künstler mit angeborener Rückgratverkrümmung verfasste Porträts von Außenseitern und Prominenten, bevor er in Wuppertal Dramaturg von Pina Bausch wurde (1980 bis 1990). Seit 1989 entwickelt er eigene Tanzstücke, gibt Gastspiele weltweit. Für das Fernsehen drehte er u. a. das Selbstportrait "Der Buckel" (1997).

In Frankreich ist Hoghe ein Choreografie-Star und sollte ursprünglich eine Produktion über Dominique Bagouet kreieren, den prominenten Tänzer, der 1992 mit nur 41 Jahren an Aids starb.

"Ich möchte an all diese Menschen, die nicht mehr da sind, erinnern", erzählt der Künstler, der seit langem in Düsseldorf lebt. "Mein Stück ist keine Trauerfeier. Es hat viele Farben und auch diese Zärtlichkeit zwischen den Tänzern, eine Qualität wie es sie bei Bagouet gab."

Lorcas Gedicht verwendete Raimund Hoghe bereits Anfang der 80er Jahre, als er einen Nachruf schrieb auf die Bausch-Tänzerin Isabel Riba Sera. Er mag die Symbolik, die Offenheit, das Tröstliche des Gedichtes.

Es kommt ein Kind darin vor, das mit Orangen spielt. Hat der Tod etwas Poetisches? "Nein. Er ist eine Realität, die sehr hart sein kann. Aber die Kunst kann vielleicht helfen, damit umzugehen. Sie kann ein Ort sein, um zu trauern."

Abschied, Erinnerung, Trauer sind Hoghes Themen. Aber was sind für ihn die Dinge des Lebens? "Es sind die Begegnungen mit tollen Tänzern. Es ist schön, diese Möglichkeit zu haben, mit einer Gruppe von Künstlern in all ihren Unterschiedlichkeiten zu arbeiten - ob Japaner, Italiener oder Franzosen." Und: "Ich muss jeden Tag ein Stück Kuchen haben. Sonst werde ich nervös."