Die Blockflöte ist nicht zum Piepen
Im Barock war sie das Nonplusultra, heute hat sie es schwer.
Düsseldorf. An kaum einem Instrument scheiden sich die Geister - und vor allem die Ohren - so sehr wie an der Blockflöte. Alle Jahre wieder stehen Kinder mit ihr unter dem Weihnachtsbaum, doch meist verlieren sie nach wenigen Jahren die Lust.
Der Tag der Hausmusik am Montag bietet Anlass, einmal genauer auf das Instrument zu blicken. "Die Blockflöte hat eine lange Tradition als anspruchvolles Instrument", sagt Peter Haseley, Leiter der städtischen Clara-Schumann-Musikschule in Düsseldorf. Denn ohne Flöte ging in den Adelskreisen des 16. und 17. Jahrhunderts nichts. Sie hatte in etwa den Status eine iPhones, war das Nonplusultra unter den Melodie-Instrumenten.
Komponisten wie Vivaldi, Bach und Telemann schrieben zahlreiche Werke speziell für die Altflöte, die große Schwester der gängigeren Sopranflöte - deutlich tiefer und wärmer im Klang. Im 18. Jahrhundert lief ihr die Querflöte den Rang ab. Die Blockflöte blieb zurück mit dem Ruf des "Volksmusikinstruments, das keinen Platz im Orchestergraben gefunden hat", wie Haseley sagt.
Heute ist die Blockflöte ein Einsteigerinstrument. Genau da liege das Problem, erklärt Manfredo Zimmermann, Dozent für Block- und Traversflöte an der Musikhochschule Wuppertal. "Der Unterricht fängt viel zu früh an - oft in einem Alter, in dem die Kinder noch nicht lesen können."
Dann prassele alles auf einmal auf sie ein. Zunge, Atem, Finger und Noten lesen: "Das kann nur in die Hose gehen." Die Kinder verlieren die Lust. Außerdem haben Geigen und Querflöten im Mini-Format oft die Blockflöte als Einstiegsinstrument abgelöst. Sie haben zudem einen höheren "Coolness-Faktor". Viele Gründe, warum nach der Grundschule meist Schluss mit dem Flöten ist.
Mit Klavier (131.000 Schüler) und Gitarre (98.000 Schüler) gehört die Blockflöte immer noch zu den Top-3-Instrumenten. Die Zahl der Schüler ging seit 2.000 jedoch um 27,67 Prozent auf 62.000 deutlich zurück.
Doch auch wer dran bleibt, hat es nicht leicht. Ein guter Ton erfordert jahrelange Übung - vergleichbar mit der Violine. "Die Blockflöte ist kein Anhauch-Instrument, man muss schon richtig blasen. Dann kommt ein Sound raus, der sich vielleicht gar nicht mehr nach Blockflöte anhört", sagt der renommierte Blockflötist Stefan Temmingh. Der gebürtige Südafrikaner vergleicht den Klang seines Instruments mit der "Wucht der Meeresbrandung in Kapstadt".
Wer es zu Virtuosität bringt, kann sein Instrument für weit mehr einsetzen als Kinderlieder - nicht nur im Klassikbereich wie Temmingh. Die Beatles in "Fool on the Hill"oder Led Zeppelin in "Stairway to Heaven" griffen auf das Instrument zurück. Im Jazz und Heavy Metal ist es längst angekommen. Grund genug, die Blockflöte vor Weihnachten doch noch einmal hervorzuholen. Hörbeispiele: