Theatermann Ivan Nagel gestorben

Berlin (dpa) - Der Intendant, Theaterwissenschaftler und Kritiker Ivan Nagel ist am Montag im Alter von 80 Jahren in Berlin gestorben. Das teilte der Suhrkamp Verlag am Dienstag mit.

Nagel war von 1972 bis 1979 Intendant des Deutschen Schauspielhauses in Hamburg. Von 1985 bis 1988 leitete er das Württembergische Staatsschauspiel in Stuttgart. Nagel schrieb Theaterkritiken, politische Streitschriften und zahlreiche Bücher über die Geschichte und Wirkung von Theater und Oper. Zuletzt lehrte er als Professor für Geschichte und Ästhetik der Darstellenden Künste an der Universität der Künste in Berlin.

Der 1931 in Budapest geborene Nagel stammte aus einer jüdischen Familie. 1948 floh er in die Schweiz. In den 50er Jahren studierte er Philosophie in Paris und Zürich sowie in Frankfurt/Main bei Theodor W. Adorno. Am Theater arbeitete Nagel mit Regisseuren und Schauspielern wie Rudolf Noelte, Claus Peymann, Peter Zadek, Will Quadflieg, Ulrich Wildgruber, Jerome Savary, Ute Lemper und Barbara Sukowa zusammen.

Mit Nagel verliere das Theater in Deutschland eine seiner prägendsten Persönlichkeiten, sagte der heutige Intendant des Stuttgarter Schauspiels, Hasko Weber. „Als Intendant des Stuttgarter Schauspiels vollzog er Mitte der 80er Jahre einen inhaltlichen und ästhetischen Wandel, indem er die Aufmerksamkeit verstärkt auf deutsche und internationale Gegenwartsdramatik lenkte“, sagte Weber. „Damit gehörte er zu den Wegbereitern der neuen Dramatikergeneration, die sich in den vergangenen 20 Jahren mit ihren Stücken etablieren konnte. Wir denken an Ivan Nagel.“

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) erklärte: „Ivan Nagel ist eine große Gestalt des deutschen Theaters. Nach der Wende war er beteiligt an der Neugestaltung der Berliner Theaterlandschaft, und er hat sie durch seine Arbeit und sein Engagement nachhaltig geprägt.“

Bei den Salzburger Festspielen war Nagel Nachfolger von Peter Stein in der Schauspiel-Leitung, die er allerdings Ende 1998 nach nur einer Spielzeit wieder abgab. Die Präsidentin der Salzburger Festspiele, Helga Rabl-Stadler, erinnert sich an „die gescheite, wohl formulierende Art“ von Nagel. Er habe das Schauspiel bei den Salzburger Festspielen zwar nur ein Jahr lang geleitet, aber bleibende Spuren hinterlassen.

„Er hat die Reihe "Dichter zu Gast" erfunden und mit Elfriede Jelinek eröffnet. Damit hat er seinen untrüglichen Sinn für Qualität erwiesen“, sagte Rabl-Stadler der Nachrichtenagentur dpa. „Er war ein großer Denker und Vordenker im dramaturgischen Bereich und hat sehr oft die theoretische Basis für Theaterarbeit geliefert.“

Nagel schrieb zahlreiche Bücher über Kunst und Theater, darunter „Autonomie und Gnade - Über Mozarts Opern“ und „Der Künstler als Kuppler - Goyas Nackte und Bekleidete Maja“. Seit 2010 erscheint sein Gesamtwerk im Suhrkamp Verlag.